Myvatn
Mückensee. Isländisch ist doch gar nicht so schwer und der Name ist Programm. Vor Ort wird uns am Campingplatz gesagt, dass wir Glück haben. Dieses Jahr wären nicht so viele Mücken unterwegs wie sonst. Mal ganz ehrlich, wenn das wenige sind, dann habe ich keine Ahnung, wie sich hier eine Zivilisation bilden konnte. Der Blutverlust durch die Viecher eines Einwohners ist vermutlich auch deswegen nur so gering, weil man in Island immer lange Klamotten trägt.
Aber schön ist es hier. Geradezu idyllisch. Der See strahlt durch die Hügel, die ihn umgeben und die grünen Flächen eine enorme Ruhe aus. Ruhe ist in Island generell überall zu finden. Wer aus diesem Urlaub nicht ausgeglichen wiederkommt, war vermutlich nur in Reykjavik und Party machen (und ist in der Folge sehr arm… Alkoholpreise und so).
Von Pferden und Elfen
Nach einem kurzen Abstecher zu Dettifoss und Selfoss geht die Fahrt zur Asbyrgi-Schlucht. Am Infohäuschen am Eingang der Schlucht lassen wir den Wagen stehen und informieren uns über die Wanderungen. Von 30 Minuten bis acht Stunden ist alles dabei. Wir wollen ja nicht übertreiben und machen uns für die nächsten drei Stunden auf den Weg. Die Asbyrgischlucht ist wie ein gigantisches Hufeisen in die Landschaft gepresst. Vom Beginn der Schlucht steigen die Steilwände immer höher an und erreichen am Ende der Schlucht eine Höhe von etwa 30 Metern.
Entstanden ist die ungewöhnliche Form der Schlucht tatsächlich durch Pferde, genauer gesagt durch ein Pferd. Sleipnir, Odins achtbeiniges Pferd, hat hier seinen Hufabdruck hinterlassen. In der Folge erkannten die Elfen, dass es sich durch die Verbindung zu Odin um einen bedeutenden Ort handelt und man beschloss sein kulturelles und wirtschaftliches Zentrum nach Asbyrgi zu verlagern. Daher ist Asbyrgi heute auch die Elfenhauptstadt. Zu erkennen ist dies am Birkenhain mitten in der Schlucht. Die Stämme haben hier eine eher silber-schwarze statt weiß-schwarze Farbe.
Um dem ganzen Rechnung zu tragen, wird an vielen Stellen auf die Bedeutung des Ortes hingewiesen und selbstverständlich vermeiden wir die Wege zu verlassen. So ein Elf ist schnell mal unter einem Fuß gelandet. Myvatn Myvatn Myvatn
Wir wandern an der linken Seite der Schlucht. Über Leitern klettern wir die Steilwand hinauf und folgen dem Weg der Kante entlang. Als wir das Ende erreichen, haben wir einen gigantischen Blick auf diese spektakuläre Landschaft. Von hier aus werden einem die Relationen des Hufabdrucks erst so richtig bewusst.
Von unten können wir sogar den Ruf eines Spotttölpels hören. Ich beantworte den Ruf natürlich sofort und bekomme die entsprechende Antwort. Toll, dieses seltene Tier in freier Wildbahn hören zu können. Zu Gesicht bekommen wir ihn leider nicht.
Wer den Wal hat, hat die Qual
Nach der Nacht im Hotel Laxa (Gönnung!) „besteigen“ wir den Hverfjall Krater und bekommen so noch einmal den Blick über den Myvatn geschenkt. Das Solfataren Feld, ein Feld aus erkalteter Lava, besuchen wir nicht. Landmannalaugar war so schön, dass es wohl kaum besser geht.
Im Anschluss ist der Walfang unser nächstes Ziel. Also natürlich nicht er selbst. Aber der Ort Husavik ist berühmt für seinen Walfang (und für die Whalewatchingtouren). Wir machen kein Whalewatching. Es ist uns schlicht und einfach zu teuer. Wir haben die Walbeobachtungen bereits in Boston gemacht und fanden es zwar cool, aber restlos überzeugt hat es uns nicht. Nachdem wir uns ein wenig eingelesen haben, wissen wir, dass gerade keine großen Wale im Bereich der Touren unterwegs sind, sondern primär Schweinswale. Sind halt keine Blau- oder Buckelwale, no offense.
Aber wir besuchen das Walmuseum von Husavik und es lohnt sich richtig! Leider haben wir uns nicht über die Öffnungszeiten informiert und müssen so ein wenig durchhetzen. Was unglaublich schade ist, denn es ist mit Liebe zum Detail und unglaublich vielen interessanten Geschichten gespickt. Die Exponate nehmen einen mit in eine Zeit, in der noch nicht mit GPS und Hochgeschwindigkeitsbooten Jagd zu „wissenschaftlichen Zwecken“ gemacht wurde.
Außerdem haben sie ein Blauwalskelett im Museum. Junge, sind die Viecher groß.
Aurora Borealis
Nachts werden wir im Hotel zu Ramonas nicht zu bremsender Begeisterung geweckt, denn am Himmel sind Polarlichter zu sehen. Wir hatten schon befürchtet, keine zu sehen, da es Anfang September noch nicht winterlich genug ist. Sie sind nicht so bunt wie sie sein könnten, aber diese silbergrauen, teilweise leicht grünen Schleier über den Himmel jagen zu sehen, ist wunderschön.
Ich bin allerdings zu müde, um mir dieses Schauspiel lange anzuschauen – Ramona hingegen ist hellwach. Während ich schon wieder im Land der Feen bin, klebt Ramona an riesigen Fensterfront in unserem Zimmer und bestaunt das Himmelsspiel.
Zurück in die Mitte, noch ein Abstecher ins Hochland
Nach unserer Zeit am Myvatn und Umgebung wird es wieder Zeit für neue Wasserfälle (und vielleicht ein paar Furten?).
Der erste Wasserfall auf den wir treffen, übertrifft alle Erwartungen. Der eisblaue Goðafoss strahlt mit dem Himmel um die Wette. Bei herrlichem „Sommer-„Wetter findet man wohl keinen göttlicheren Wasserfall.
Seit meinen Erfahrungen um Askja herum, habe ich ein ungezügeltes fahrerisches Selbstvertrauen. Zu Ramonas Freude muss ich dies aber nicht unter Beweis stellen, denn die Strecke (842) ist gut zu fahren und (leider) ohne größere Herausforderungen. Myvatn
Der Aldeyarfoss präsentiert sich unglaublich spektakulär. Es ist so: In Island gibt es wirklich viele Wasserfälle. So viele, dass sie annähernd unzählbar sind (offiziell 63). Aber der Aldeyarfoss ist außergewöhnlich. Er ist wie eine riesige Waschmaschine. Die Sturzbäche durchstoßen die Wasseroberfläche und drücken wieder nach oben. Dadurch entsteht ein Strudel, den wir so noch nicht gesehen haben.
18 Grad, strahlender Sonnenschein und glasklares Wasser sorgen für ein Kulisse, die in jeder Bosch Waschmaschinenwerbung vorkommen sollte.
Nachdem wir uns uns satt gesehen und Fotos nur in T-Shirt gemacht haben, geht es wieder langsam in den Norden (F26 – F881 – F821 – 821). Wieder kann ich zu meinem Leidwesen mein neu erworbenes, fahrerisches Können nicht unter Beweis stellen. Der Weg führt uns in ein grünes Tal hinab und an einem kleinen Fluss entlang. Dieser wird immer wieder von rechts nach links und zurück durchfahren und unser Dacia Duster kommt so langsam wieder auf Touren. Ich hoffe auf mehr. Es kommt … nichts.
Obwohl nichts nicht stimmt. Denn es kommt Akureyri und somit wieder Zivilisation. Und die Sonne bleibt uns.
Like Iceland in the Sunshine
Ach Akureyri. Wir mögen dich. Du machst einfach ganz viel richtig.
Es beginnt damit, dass ich Fußball bekomme. Als wir mitten in der Stadt sind, höre ich Jubel und Fangesänge. Mein untrüglicher Instinkt zieht uns (zu Ramonas endloser Begeisterung) zum örtlichen Fußballstation. Leider ist das Spiel fast aus, aber ich bekomme noch 20 Minuten des Spitzenspiels am letzten Spieltag mit. Die völlig unaussprechlichen Namen der Teams kann ich mir nicht merken, aber das Heimteam aus Akureyri kann letztlich die Meisterschaft feiern. Mein geschultes Auge sagt mir, dass es mit dem Champions League Titel nichts wird, aber spätestens seit den letzten kontinentalen und internationalen Turnieren wissen wir, dass mit isländischen Fußballmannschaften immer zu rechnen ist. HUH!
Wir schlendern bei strahlendem Sonnenschein und rekordverdächtigen 16 Grad durch Akureyri. Im Buchladen kaufen wir nun die obligatorischen Postkarten, damit auch die Familien ein wenig Urlaub unter die Nase gerieben bekommen. Außerdem können wir so noch öfter über die Ampel gehen. Zuhause dauert das Warten immer lange, aber wer kann schon Kleeblättern und Herzen wiederstehen?
In der Hafnarstraeti setzen wir uns in die Sonne und bei Kaffee, Tee und Möffin – dieses Wort hat es in unseren aktiven Wortschatz geschafft und das Wort Muffin gänzlich abgelöst – schreiben wir unseren Daheimgebliebenen.
Ho, Ho, Ho!
Wir wussten, dass es ihn gibt. Wir sind bereits auf dem Weg vom Aldeyjarfoss nach Akureyri an ihm vorbei gekommen. Er war bereits geschlossen, deswegen besuchen wir ihn heute.
DEN Weihnachtsladen. Ja, DEN. Es mag andere Läden geben, die Weihnachtsramsch verkaufen, aber hier wird Weihnachten gelebt und geliebt.
Jedes Teil in Benedikts Weihnachtsladen Jólagarðurinn ist ausgesucht und fast alles handgemacht. Nicht nur isländische Weihnachtsartikel werden angeboten, sondern Weihnachtliches aus aller Welt und man kann sich dem Zauber einfach nicht entziehen. Es steckt einfach so viel Liebe in den Details und im gesamten Aufbau des Ladens.
Wer hier nicht irgendetwas mitnimmt, hat kein Herz und ist innerlich gestorben. So, ich habe es gesagt.