Die zweite Woche beginnt mit einer kleinen Enttäuschung. Dabei ist schon das Wort Enttäuschung fast ein bisschen groß. Wir haben uns zum Waterberg Plateau aufgemacht, um dort wandern zu gehen. Endlich mal ein wenig wandern. Eine Reise in Namibia ist wirklich ein klassischer Roadtrip: viel Fahrtstrecke, wenig Bewegung, denn auch der Safaripart wird natürlich im Auto absolviert. Um so mehr freuen wir uns, unsere Beine ein wenig benutzen zu können. Als wir jedoch am Ausgangspunkt ankommen, fängt uns eine junge Frau ab. Sie sagt uns, dass sie dort im Waterberg Resort arbeitet und deswegen weiß, dass dort wandern momentan nicht möglich ist. Wir sind enttäuscht. Doch keine Wanderung. Aber dafür nehmen wir sie eine knappe Stunde mit in den nächsten Ort und erledigen dort bei SuperSpar unsere Einkäufe. Und Holla die Waldfee, das ist mal ein Supermarkt. Mitten in Namibia, neu und unglaublich gut sortiert. Wenn ich da an den Penny von nebenan denke. Na Prost Mahlzeit. Neben 20kg Säcken Zucker gibt es dort sogar Grünkohl bzw. Gelbwurst für die Bayern unter uns.
Vollgepackt mit guten Sachen, die das Leben schöner machen, wollen wir nun zu AfriCat, einer Schutzeinrichtung für Geparden und Leoparden. Dort buchen wir die „Leopard Activity“, einen Game Drive auf dem großzügigen Gelände des Okonjima Game Reserves. Hier leben über 20 Leoparden, wovon einige zu Forschungs- und touristischen Zwecken mit GPS Sendern ausgestattet sind. Das erleichtert die Suche doch ungemein, auch wenn unser Guide dafür einige Male mit dem Peiler auf die Motorhaube klettern muss. Wir haben Glück und finden eine Leopardendame. Sie zieht für uns eine kleine Laufstegshow ab, bevor sie im Gestrüpp verschwindet.
Auf dem Rückweg zum Camp kreuzt dann doch tatsächlich auch noch ein „unmarkierter“ Leopard unseren Weg. Einer unserer Mit-Gamedriver scheint mit Adleraugen gesegnet und entdeckt dieses offenbar stattliche Männchen. Leider hat dieses weniger Interesse sich der Öffentlichkeit zu präsentieren als die Dame zuvor. Dafür ist unser Guide völlig aus dem Häuschen. Damit hatte er wohl so überhaupt nicht gerechnet und stürzt sich in einen wilden Funkkontakt mit anderen Guides. Nach dem obligatorischen Sundowner kommen wir auch noch so nah an vier Nashörner heran wie noch nie!
Die zweite Aktivität bei AfriCat beginnt früh. Um 06.30 Uhr abgeholt, lernen wir nun die Geparden der Einrichtung kennen. Sie wurden bereits als Jungtiere zu Waisen und in der Station aufgezogen. Nachdem der Mensch nicht der beste Lehrer für das Jagen in der Wildnis ist, sind die Geparden nicht mehr „auswilderungsfähig“. Entweder würden ihm ein Leopard oder Hyänen die Beute abluchsen oder er sich an zu großen Tieren versuchen, die er nicht erlegt bekommt. Heute sind sie der Grundstock für die Bildungseinrichtung, die ebenfalls Teil der gesamten Organisation ist. Kinder aus dem ganzen Land kommen im Rahmen einer Klassenfahrt zur AfriCat Foundation und werden über die Möglichkeiten eines Lebens mit den in Namibia heimischen Großkatzen aufgeklärt. Irgendwie fühlt sich meine Klassenfahrt in der 3. Klasse nach Wangerooge nun ein wenig unspektakulärer an.
Die Zeit in Namibia vergeht wie im Flug und wieder verändert sich für uns die Landschaft quasi täglich. Bewundern wir zunächst noch die rund 6000 Jahre alten Felsgravuren in Twyfelfontein, schlagen wir kurz darauf unser Lager bei einem deutsch-sprechenden Namibier auf. Zwischendurch noch schnell anderen Deutschen, die auf dem Weg einen amtlichen Reifenplatzer hatten, beim Wechseln geholfen und zur Belohnung einige Kilometer weiter Wüstenelefanten beobachtet und schon sind wir im „Camp Aussicht“. Das Camp liegt abgeschieden zwischen den Bergen und bietet neben einem schönen, aber rustikalen, Campingplatz auch eine wacklige, selbstgebaute Sundowner-Aussichtsplattform. Ein absolutes Highlight präsentiert sich dann auf der Terrasse von Gastgeber Marius: jeden Abend kommen hier Stachelschweine zum Fressen! Noch nie haben wir die, doch echt erstaunlich großen, Tiere von Nahem gesehen – geschweige denn gefüttert. Der aufkommende Regen – ja richtig gelesen: Regen! – und die damit verbundenen sinkenden Temperaturen treiben uns dann doch schneller als geplant von den Stachelschweinen zurück ins Dachzelt.
Die Erlebnisse bei Marius nehmen so schnell kein Ende, denn er klärt uns auch nur allzu gerne darüber auf, dass Corona mit Vorsicht zu genießen ist und die Impfungen dafür genutzt werden, uns einen Chip einzupflanzen. Puh. Er würde sich in Leipzig wohl genauso wohlfühlen wie auf seiner Aussteigerfarm. Bis auf einige Widerworte lassen wir uns aber auf keine lange Diskussion ein. Man will ja auch weiter und nicht wie Don Quijote gegen Windmühlen kämpfen müssen. Viel lieber klettern wir noch durch seine Dioptase-Mine und sammeln das eine oder andere blaue Steinchen. Innerhalb von 12 Stunden und für nur 20 Euro also der erste Regen in Namibia, Stachelschweine füttern, die Welt erklärt bekommen und Steine bewundern. Guter Schnitt.
Auf dem Weg nach Norden werden wir wieder von der Sonne begleitet und wir freuen uns aufs Wochenende. An den Epupa Falls warten schon Jeroen und Marieke auf uns, mit denen wir die Erlebnisse bei Marius geteilt haben und endlich wieder ein Pool. Unser Wochen-Rhythmus spielt sich so langsam ein. Vor allem weil wir uns angewöhnt haben, nicht zu spät aufzustehen. Der Wecker klingelt um 07.00 Uhr, also fast wie in einem normalen Jahr – zumindest für mich. Für Ramona ist es ja quasi schon ausschlafen unter der Woche. Aber es muss sich so also keiner Sorgen machen, dass ich in einem Jahr zu spät zu Frühbesprechungen komme.
Wunderbar, bin richtig neidisch! Haben die Stachelschweine auch ein paar Stacheln abgeworfen? Und die Blausteinchen…
Kleine Fehlerkorrektur: In der Passage mit Gelbwurst muß es richtigerweise heißen „,,,die Bayern ÜBER uns…“!
Weiterhin gute Reise und schöne Erlebnisse!
Harald K.
Leider keine Stacheln, aber Ramona musste ein-, zweimal ausweichen, weil sie sich beim Streit um das Abendessen gegenseitig in die Quere gekommen sind.