Das Wadi Rum ist neben der Felsenstadt Petra (Spoiler!) die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit Jordaniens. Da trifft es sich gut, dass wir durchaus ein kleines Faible für die etwas karge Art der Landschaftsgestaltung haben und uns Ausflüge in die Wüste bisher nie enttäuscht haben. Zumindest fast nicht enttäuscht. Mir geht es nämlich wie in Ägypten und statt einer Jeeptour mit Ahmed würde ich mich lieber selbst hinter das Lenkrad klemmen. Die Strecken wirken nicht sonderlich herausfordernd und von Google wird das Wadi eh etwas groß eine „Wüstenwildnis“ genannt, sehen wir dort doch an jeder Ecke Wüstencamps mit Solarpanelen und haben durchgängig LTE-Empfang. Allerdings hat es durchaus seine Vorteile, sich fahren zu lassen, alles erklärt zu bekommen und vor allem den Fahrtwind auf der umgebauten Ladefläche bei wüstengerechten Temperaturen zu genießen. Ohne Schatten bringen die nämlich jede Klimaanlage an ihre Grenzen, wobei wir gar nicht sicher sagen können, ob unser Hilux überhaupt eine besitzt. Lange muss unser Guide nicht in der Fahrerkabine schwitzen, denn ständig gibt es etwas zu erklimmen. Das Wadi Rum schafft viele der Highlights auf wenig Fläche, wofür man sonst mehrere Länder bereisen und lange Flugstrecken hinter sich bringen muss. Felsbögen wie im Arches NP (USA) stehen neben roten Dünen à la Kgalagadi NP (Südafrika/ Botswana) und dazwischen schleichen sich noch Antelope-Canyon-ähnliche Schluchten zwischen Felsformationen, die der Dasht-e Lut (Iran) oder der Weißen Wüste (Ägypten) in nicht viel nachstehen. Alles ist ein bisschen kleiner, kompakter, aber deswegen nicht weniger sehenswert.
Der aufmerksame Leser wird es schon erahnt haben: natürlich besuchen wir auch eines der sieben neuen (!) Weltwunder. Während es schon fast Pflicht ist, als Europäer einmal am Kolosseum zu stehen und keine Cancún-Urlaubsreise ohne Chichén Itzá auskommt, ist Petra in einem kleinen Dornröschen-Schlaf gefangen. Hier sind es eben in Hochzeiten nur 3000 Besucher pro Tag statt 20.000 wie im Kolosseum. Dazu kommt, dass sie sich über ein gesamtes Tal verteilen und nicht in ein antikes Steinstadion gequetscht werden.
Geplant war eigentlich der klassische Weg: durch die Felsenschlucht laufen und mit allen anderen, die sich auch morgens um 5 Uhr aus dem Bett gequält haben, gespannt um jede Ecke schielen, wann denn endlich das Schatzhaus in den Blick kommt. Soweit schaffen wir es nicht, denn ein Beduine fängt uns ab und empfiehlt uns einen längeren, felsigen Wanderweg am Rand der Schlucht. Wahrscheinlich haben ihn unsere perfekte Wanderausrüstung aus Norwegen gepaart mit unseren (noch fälschlicherweise für das Wadi Mujib gepackten) Rucksäcken davon überzeugt, dass wir einem alternativen Weg gewachsen sind. Schnell lotst er uns am Schild „Very dangerous without guide“ vorbei und wir sind auf uns gestellt. So dangerous wird das Unterfangen nicht, aber unser Vertrauen wird belohnt: Wir sind auf weiter Flur die einzigen Wanderer. Die Blicke in die tiefen Schluchten und auf die uralten, jahrelang vergessenen Gebäude sind spektakulär. Zwar kommen wir durch unseren „Umweg“ erst in der glühenden Mittagshitze an den Aufstieg zum Ad Deir, aber das Ergebnis ist die Anstrengung wert. Die Fassade des sogenannten Klosters, die vor circa 2000 Jahren auf 50 Metern Breite und knapp 40 Metern Höhe aus dem Felsen gehauen wurde, ist unfassbar imposant.
Leider gibt es immer Schattenseiten, wenn Touristen eine Sehenswürdigkeit entdecken, die man nicht einfach mit dem Auto erkunden kann. Alles muss für jede:n zugänglich gemacht werden. Und so treiben (oder eher prügeln) Beduinen ihre Esel über die steilen, abgetretenen Treppenstufen, um auch jeden noch so fußfaulen Touristen bis zur hintersten Ecke zu bringen. Ist der Weg geschafft, kann in der Ebene nahtlos auf den Rücken eines Kamels umgestiegen werden. Schatten und Futter für die Tiere suchen wir vergeblich. Obwohl aufgrund von Covid gerade kaum Touristen unterwegs sind, können wir gar nicht mitzählen, wie viele von ihnen die Tiere als Taxen missbrauchen. Schämt euch.
Die dagegen leicht zugängliche Hauptattraktion Petras bleibt das Schatzhaus. Entsprechend viel ist dort los. Jede:r will ein Foto mit sich auf einem Kamel. Zum Glück können wir nochmal in die Felsenstadt und machen daher früh morgens einen zweiten Anlauf auf dem klassischen Weg. Nur anders als erwartet ohne andere Touristen, die auch um die Ecke schielen. Wir sind ganz allein.
Nach einem eher enttäuschenden Abstecher an das Rote Meer (die Riffe in Ägypten waren um Längen beeindruckender), endet unsere Reise durch Jordanien in der Hauptstadt Amman. Noch flugs durch den Covid-Test-Drive-Through gefahren, den Mietwagen abgegeben und schon geht es auf Erkundungstour. Amman ist deutlich hipper und moderner, als wir erwartet haben und ein gigantischer Kontrast zu den ägyptischen (Groß-)Städten. Neben Streetart, coolen Cafés und Rooftopbars bietet Amman an jeder Ecke Shawarma und Falafel zu unvernünftig günstigen Preisen an. Wären wir nicht am Ende unseres Reisejahres, würden wir hier gerne einige Zeit unser Lager aufschlagen. Allerdings müsste man uns anschließend sicherlich aus dem Land rollen.