Wir haben zwei Wochen für Island eingeplant. Dabei gehen die Meinungen vor unserer Reise weit auseinander: die einen halten es für viel zu kurz, die anderen können sich nicht vorstellen, dass man auf einer kleinen (kalten) Insel 14 Tage füllen kann. Und wie üblich stimmt beides ein wenig. Man kann in Island die Highlights auf eine Woche schaffen. Man kann aber auch wochenlang dieses Land auf abwechslungsreichen Wegen erkunden. Egal ob zu Fuß, mit dem Auto oder auf dem Rücken eines Pferdes. Golden Circle
Der Golden Circle umfasst die klassischen isländischen Highlights – auf wenigen Kilometern hat man eine große Vielfalt. Wasserfälle, Geothermalgebiete, geschichtsträchtige Orte… Und weil wir ja gehorsame Touristen sind, haben auch wir diesen Rundweg abgeklappert. Letztlich ist es genau das. Ein Abklappern. Denn aufgrund der guten Erreichbarkeit schieben sich Touristenmassen hier entlang. Aber ja nicht grundlos… Also auf ins Getümmel!
Þingvellir Nationalpark
Der Nationalpark ist voll. Die Reisebusse aus Reykjavík füllen den Parkplatz. Wir statten uns mit Rucksack, Wanderschuhen, Multifunktionsjacke und Getränken aus. Vor uns liegt die Wanderung durch den Nationalpark und wir wollen vorbereitet sein. Mit uns starten mehrere kleine Gruppen, die Europäer sind gut zu erkennen mit ihren Fjällrävenhosen und den Deuter-Rucksäcken. Nach den ersten 300 Metern wird uns klar, warum die asiatischen und US-Touristen nur Sportschuhe und den Fotoapparat mitgenommen haben. Der Weg zum Öxarárfoss, zur weißen Kirche von Þingvellir und zum Fünf-Giebel-Haus sind begradigt, zum Teil geteert und wir überholen Menschen fortgeschrittenen Alters mit Rollatoren. Ist jetzt nicht direkt das, was wir erwartet haben. Aber ansehen kann man es sich trotzdem und es gehört einfach dazu. Golden Circle
Strokkur
Next Stop: der Geysir. Auch hier sammeln sich an der Straße und auf dem Parkplatz nebenan die Touristen. Der Strokkur selbst ist beeindruckend, dem tut auch das Touristencenter mit Restaurant und Spielebereich für Kinder keinen Abbruch.
Zum Teil muss man jedoch an der Intelligenz einiger Menschen zweifeln, wenn man sich das Spektakel anschaut.
Der Strokkur bricht etwa alle 5 – 10 Minuten aus. Dabei entsteht eine 20-30 Meter hohe Wasserfontäne. Nun kann jeder, der von 12 bis Mittag denkt, erkennen, dass der Wind die Fontäne in eine bestimmte Richtung drückt. Als Hinweis könnte hierfür der nasse Boden herhalten. Dennoch freuen sich einige Besucher so sehr darüber, einen freien Blick zu haben, dass sie sich genau dort hinstellen. Was folgt ist ein Spaß für Groß und Klein. Ich weiß nicht, wie viele Kubikmeter Wasser der Strokkur in die Luft bläst, aber was ich weiß, ist, dass in diesem Moment die Sportschuh- und Kapuzenpullovertouristen ihren Fehler bemerken. Immerhin ist das Wasser warm. Aber Island nicht, deswegen ist von einem Wet-T-Shirt Contest abzuraten.
Gullfoss
Hier wird es tricky. Wieder schwant uns Böses, als wir den Golden Circle weiterfahren. Busse ohne Ende. Da fällt uns ein, dass wir im Reiseführer in einer Nebenbemerkung gelesen hatten, dass man auch von der Ost-Seite an den „goldenen Wasserfall“ heranfahren kann. Absoluter (Geheim-)Tipp! Über die 35 > 30 > 349 fahren wir an das besagte Ost-Ufer. Dazu geht es über die Schotterpiste 349 durch den Tungufellsdalur bis zur Abzweigung Hrunamannaafréttur/Setrið. Folgt man der Abzweigung, führt die Piste zu einem kleinen Parkplatz. Dort lassen wir das Auto stehen und wandern rund 30 Minuten durch wunderschöne Landschaft zum beeindruckenden Gullfoss.
Ich beschreibe es deswegen so genau, weil man es sonst nicht findet und das sollte man. Der Blick auf den Gullfoss und den weiteren Verlauf des Ölfusá ist den Umweg sowas von wert. Auf „unserer“ Seite waren wir alleine. Auf der anderen dürften es hunderte Besucher gewesen sein. Der erste kleine Sieg des Tages über das System!
Seltún
Seltún stinkt zum Himmel. Wer ein Freund verfaulter Eier aka Schwefelgeruch ist, wird hier sein Paradies finden. Gibt es solche Menschen? Wie auch immer. Überall blubbert und spritzt, stinkt und raucht es. Was hier passiert- ist gelebter Chemieunterricht. Hätte man mir mal so präsentieren sollen, dann hätte ich Chemie vielleicht nicht so früh abgewählt. Noch nie haben wir so viele verschiedene Farben in den Gesteinen gesehen. Dies ist auch der größte Unterschied zu Gunnuhver: Man kommt einfach näher ran!
Wer sich die Bilder anschaut und Ahnung hat, wie das alles zustande kommt, kann sich gerne unter dem Artikel über die Gründe auslassen. Ich lerne gerne. Aber nicht vergessen, ich bin, was das betrifft, einfach strukturiert.
Hveragerði
Also eigentlich geht es nicht direkt um Hveragerði. sondern um die heißen Quellen in den Bergen. Kein richtiger Geheimtipp und auch nicht mehr ganz auf dem Golden Circle, aber auf jeden Fall genial. Wir sind wieder gut vorbereitet und wandern los. Wieder gemeinsam mit Turnschuh und Kapuzenpulliträgern. Wir haben Trinkrucksäcke, sie eine Flasche Wasser und ein Handtuch. Sind wir so weich?
Es zeigt sich, dass die Höhenmeter gar nicht so ohne sind. Über einen gut begehbaren Schotterweg geht es immer wieder rauf und runter – wir sind froh über unsere Wanderschuhe. Die Quellen selbst sind für uns, die wir nur wirklich sehr kalte Flüsse kennen, ein Traum. Je nachdem wie weit man den Fluss nach oben wandert wird das Wasser wärmer (oder besser gesagt heißer). Das Dümpeln im Wasser, während es außerhalb nasse 14 Grad hat, ist herrlich und macht den Gedanken an den Weg zurück nur so halb geil.
Aber irgendwann muss man ja mal zurück. Aufgeheizt werden die schweren Beine zum Auto getragen. Die Körpertemperatur dürfte bei grob geschätzten 67 Grad beim Verlassen der Quellen gelegen haben. Dabei kommen wir selbst bei nun nur noch 10 Grad und Regen ordentlich in Schweiß.