Es geht immer weiter die Küste entlang in Richtung Kapstadt. Wir verhalten uns absolut nicht zielstrebig, sondern nehmen den einen oder anderen Café-Abstecher gerne in Kauf. Es gibt einfach so viel Auswahl: jede Stadt hat ihre kleinen, coolen Cafés in interessanten Gegenden, mit schönen Ausblicken oder mit Baby-Chamäleons, die wieder aufgepäppelt werden müssen. Und nachdem Ramona, ja man könnte fast sagen, monatelang auf ihren täglichen Kaffee verzichten musste, wird dieses Bedürfnis nun ausgiebig gestillt.
Wir kümmern uns aber nicht nur um den Koffein-Haushalt, sondern passieren mit dem Kap Agulhas den südlichsten Punkt Afrikas, an dem der Atlantik und der Indische Ozean aufeinander treffen. Jetzt ärgern wir uns doch ein wenig, dass wir in Norwegen nicht bis zum Nordkap gefahren sind. Den nördlichsten Punkt Europas und das Kap in einer Reise gesehen zu haben, hätte schon etwas gehabt. Aber während es uns hier mit einer halben Stunde Umweg getan ist, wäre es von Tromso aus ein 1600km-„Abstecher“ gewesen.
Da gerade leider keine Wal-Saison ist, schaffen wir es ohne weitere Zwischenstops in den Großraum Kapstadt. Wir haben uns ja bereits vor dem Alkoholverbot in Stellenbosch durch die Vineyards getrunken und das Großstadt-Sightseeing vertagt. Nachdem wir uns in Stellenbosch also mittlerweile recht gut auskennen und in Kapstadt keine vernünftigen Campingplätze zu finden sind, nisten wir uns wieder dort ein und lassen Kapstadt noch eine Woche auf uns warten. Zumindest was die Regionen abseits der Hauptstraßen angeht, denn es ist endlich an der Zeit, die Stadt zu durchqueren und die südlich von Kapstadt gelegene Kap-Halbinsel zu erkunden. Bekannt ist sie vor allem für das Kap der Guten Hoffnung. Und auch wenn der Nationalpark nicht viel hergibt, so ist es doch ein tolles Gefühl an dieser Stelle zu stehen. Erstaunlich, dass ein für die Weltgeschichte eher unbedeutender Ort so bekannt ist. Aber immerhin begann von hier aus die Eroberung des südlichen Afrikas durch die Niederländer und später die Briten.
Zur Kap-Halbinsel gehört aber nicht nur das Kap der Guten Hoffnung, sondern sie umfasst auch jede Menge kleinere und größere Orte, die fast fließend ineinander übergehen. Die Fahrt bietet vor allem am Chapman’s Peak Drive spektakuläre Ausblicke auf die Küstenlinie und wunderschöne, leider Covid-bedingt verwaiste, Strände. Dennoch wagen wir uns rebellisch für ein schnelles Foto zu den bunten Badehäuschen in Muizenberg und beobachten ähnlich rebellische Kite- und Windsurfer, welche die scheinbar idealen Bedingungen nutzen. Die Kitesurfer geschätze 20 Meter hoch durch die Luft fliegen zu sehen, ist faszinierend und wirft gleichzeitig die Frage auf, wie sie es schaffen, sich nicht in den Seilen der anderen zu verheddern.
Aber nicht nur Menschen bevölkern die Strände und Felsen, sondern auch Pinguine. Wir machen eine Tour mit Jon, der als Naturschützer aktiv ist und uns nah an sie heranführt, uns geduldig erklärt, wo ihre Jagdgründe und Brutstätten liegen und warum sie trotzdem vermutlich innerhalb der nächsten fünf Jahre in Südafrika aussterben werden. Da sie zunehmend weniger Fisch in den Kapstädter Buchten finden und vermehrt von Seehunden gejagt werden, wird ihre Lage immer bedrohlicher. Der Mensch hat es bereits geschafft, die weißen Haie als natürliche Feinde der Seehunde zu vertreiben, wodurch der natürliche Kreislauf nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Wir hoffen mit Jon, dass die Pinguine es schaffen, nach Namibia „auszuwandern“. Der eine oder andere Familien-Angehörige hat es wohl schon gewagt!
Uns zieht es von der windigen Küste nochmal einige Kilometer ins Landesinnere. Unser Ziel ist Sutherland, einer der dunkelsten Orte Südafrikas, der dazu mit rund 290 wolkenlosen Tagen im Jahr punkten kann. Daher steht dort mit dem SALT eines der größten Teleskope der Welt, das leider aufgrund von Covid geschlossen hat. Zum Glück lebt in Sutherland auch Jurg, der das Sternegucken durch eines seiner acht privaten Teleskope auch für Camper anbietet. Den gesamten Tag über beobachten wir mit sorgenvollem Blick den Himmel, da die Wolken sich einfach nicht verziehen wollen. Wie kann es sein, dass wir ausgerechnet einen der raren Wolkentage erwischt haben?! Pünktlich zum Sonnenuntergang reißt es dann aber auf und wir können uns den Sternenhimmel erklären lassen. Und der hat es in sich. Die Milchstraße kristallisiert sich immer mehr heraus und nach Jurgs Erklärungen stellen wir uns sogar einen Wecker, um den Ausblick noch einmal mitten in der Nacht genießen zu können.
Auf dem Rückweg nach Kapstadt sind wir nun wirklich zielstrebiger und stoppen nur für einen Friseurbesuch für mich. Nun sehe ich nicht mehr aus wie ein Hippie. Ich weiß, damit schüre ich den Neid in Deutschland, aber vielleicht hilft es euch zu wissen, dass die Verständigung mit der Friseurin ein wenig schwer war und ich somit nur mit viel Mühe einen Vollverschnitt verhindern konnte. Die kommenden Wochen werden Bilder mit Cap dominieren.