Auf einmal geht alles ganz schnell. Kaum sind wir dem Regen in den Bergen entkommen, finden wir schon in Almirante (dem Abfahrtshafen für alle, die auf die Inselgruppe Bocas del Toro möchten) einen gesicherten Parkplatz. Sofort werden wir eingewiesen und ungeduldig erwartet, bis wir endlich unsere Sachen aus dem Auto haben. Denn nur 100 Meter weiter fahren die Boote im Pendelverkehr ab. Wir betreten entspannt das winzige Dock, steigen ein und fahren los. Ohne eine Sekunde Wartezeit. Und so stehen wir nach gefühlten fünf Minuten nicht mehr im Nebelwald, sondern auf der Isla Colon. Der kleine, durch Covid sehr verschlafene Ort Bocas del Toro gefällt uns sofort. Und wer jetzt etwas verwirrt wieder zum Namen der Inselgruppe zurückspringt, dem sei gesagt: ja, die Inselgruppe heißt Bocas del Toro, der Ort heißt Bocas del Toro und auch die ganze Region, zu der beide gehören, heißt …? Bocas del Toro!
Unsere Unterkunft liegt ein wenig außerhalb, aka direkt am Strand, daher die Rucksäcke auf die Ladefläche des Hilux-Taxis geworfen und ab ins Paradies.
Von unserem Bett aus können wir morgens die Sonne über den Nachbarinseln aufgehen sehen. Die Wellen plätschern entspannt ans Ufer, von dem uns nur maximal 15 Meter Sandstrand trennen. Die gemütlichen Liegen, Hängematten und Schaukeln laden zum Entspannen ein, aber wir nutzen den Schwung aus dem Bett heraus und machen unseren ersten Ausflug zur Playa Estrella, dem Strand der Seesterne. Alleine der Weg dorthin hätte schon als Grund gereicht, um das Hostel zu verlassen. Wir sind uns sicher, dass wir im absoluten Paradies angekommen sind. Also ich für meinen Teil kann sagen, dass ich einen Tag in den Bergen paradiesisch finde, aber müsste ich mir ein Paradies bauen, so würde ich die Bergflanke an einem solchen Strand enden lassen. Ich habe noch nie so klares Wasser gesehen. Ein Satz übrigens, den ich die kommenden Tage öfter wiederholen werde.
Auch unser eigentliches Ziel hält sein wörtliches Versprechen und kaum haben wir drei Schritte auf die Playa Estrella gemacht, will Ramona schon nicht mehr weitergehen: da ist ein echter Seestern! Zum Glück lässt sie sich mit viel gut zureden zu mehr Schritten bewegen und je weiter wir gehen, desto mehr Seesterne sehen wir. Sie sind so nah am Strand, dass man schon fast vorsichtig sein muss, nicht darauf zu treten. Der Walk of Fame lässt grüßen.
Weniger schön ist das Verhalten einer Gruppe Kinder, die unbeaufsichtigt von ihren Eltern fröhlich Seesterne einsammelt und sie auf ihren Luftmatratzen lagert. Als wir es bemerken, haben sie bereits etwa 20 Seesterne der Sonne ausgesetzt. Auf meine Aufforderung hin legen sie sie sofort wieder ins Wasser zurück, jedoch sind am Ende fünf Todesopfer zu beklagen, die an der Wasseroberfläche treiben. Traurig, dass die Eltern die ganzen Hinweisschilder nicht mehr beherzigen und auch danach ihren Kindern nicht erklären, was sie falsch gemacht haben.
Wir wollen die Zeit in Bocas del Toro voll ausnutzen und buchen eine ganztägige Bootstour durch die Inselgruppe. Momentan ist es etwas schwierig, genug Leute für eine Tour zu finden, doch mit etwas Zutun treffen wir im Hostel eine Österreicherin sowie eine lebensältere Deutsche, die sich uns anschließen möchten. Ab morgens werden wir in unserer kleinen Gruppe von Insel zu Insel, von Bucht zu Bucht gefahren. Erster Stopp: Dolphin Bay. Zunächst macht sie ihrem Namen keine große Ehre und die Delfine zeigen sich unserer Ankunft eher skeptisch gegenüber. Gerade als wir weiterfahren wollen, setzt aber der Spieltrieb ein. Denn offenbar kann man in unserer Heckwelle ganz wunderbar surfen und sie als Katapult nutzen.
Das tierische Vergnügen setzt sich direkt im Anschluss auf der Isla Perezosa fort, der Faultier-Insel. Wie man merkt, hat man sich die Benennung der Hauptattraktionen auf Bocas del Toro durchaus leicht gemacht. Wir müssen die Insel nicht mal umfahren, um ein Faultier beobachten zu können, das sich unmittelbar über unserem Boot an den Blättern gütlich tut. Es kommt uns so nah, dass ich auf dem Bug des Bootes stehend, meinen Arm nur komplett ausstrecken müsste und dann könnte ich es berühren. Aber ich halte natürlich eine Armlänge Abstand. Das Faultier ist wesentlich kleiner, als alle, die wir in Costa Rica gesehen haben und trotzdem offensichtlich leichter zu entdecken.
Weil wir ja aber nicht nur zum Vergnügen unterwegs sind, helfen wir noch einem weiteren Boot voller Touris. Ihr Motor ist ganz offensichtlich kaputt gegangen und so sind sie quasi in Seenot geraten. Ok, vermutlich die harmloseste Seenot aller Zeiten, aber immerhin. Ehrlich gesagt arbeiten wir natürlich nicht wirklich, sondern schauen nur abwechselnd zwischen Faultier und unserem Bootsführer hin und her, wie er den Kahn der anderen wieder flott macht.
Nach getaner Arbeit kommt nun wieder das Vergnügen und wir werden direkt über einem Riff zum Schnorcheln aus dem Boot gelassen. Uns begeistern die bunten Farben der Korallen und die nicht weniger farbenfrohen Fische, die unter uns hindurchschießen. Allerdings gestaltet sich die Beobachtung deutlich schwieriger als sonst, denn das Wasser hat hier eine ordentliche Strömung. Pausiert man nur für etwa zwei Sekunden den Beinschlag, so versetzt es einen schon zehn Meter weiter weg. Das ist vor allem dann problematisch, wenn man jemandem etwas zeigen möchte und kurz den Kopf aus dem Wasser hebt: „Ich habe hier was, dass müsst ihr sehen… direkt unter… wo ist denn… ach verdammt!“
Schlussendlich wäre ein Bootstour nicht gelungen, wenn man nicht auch noch einen paradiesischen Strand zum Abschluss präsentiert bekommen würde. Wir landen auf einer unbewohnten Insel an und nachdem wir sie innerhalb von 20 Minuten vollständig umrundet haben, genießen wir die letzte Stunde, bevor es in den Heimathafen geht. Wenn man die Karibik malen müsste, vermutlich würde sie genau so aussehen – nicht wie in Costa Rica. Weißer, feiner Sandstrand, türkisblaues, klares Wasser, keine Wellen und Palmen, die Schatten spenden. Als Sahnehäubchen des Tages gelingt es unserer ganzen Gruppe sogar im flachen Wasser einen Stachelrochen zu entdecken, den uns Sofia auf Grund annähernd fehlender Strömung diesmal auch zeigen kann.
Wer aufmerksam gelesen hat, wartet bestimmt schon die ganze Zeit auf den Pingback zu unserer lebensälteren deutschen Tourbegleitung. Gemeinsam mit ihr und anderen aus dem Hostel verbringen wir einen lauen (in Panama Frühlings-)Abend. Die Stimmung schwankt zwischen gereizt und belustigt, denn besagte Deutsche sorgt immer wieder durch ihre Aussagen für ein Gefühl zwischen Erheiterung und Unverständnis. Natürlich sind es ihre Meinungen zu Covid und Impfungen, die hierfür verantwortlich sind. Wir haben auf unserer Reise ja bereits Menschen kennengelernt, die davon überzeugt waren, dass mit der Impfung auch das Chippen einhergeht. Ganz so arg ist es bei ihr nicht, aber dennoch kann man einige Aussagen einfach nicht unwidersprochen stehen lassen. Da aber allen daran gelegen ist, dass der Abend nicht ins Negative abdriftet, erfolgt der Widerspruch in der Regel recht subtil. Dies setzt allerdings voraus, dass das Gegenüber dies auch so versteht…
Schon die erste Menschen haben gelernt, dass man nicht ewig im Paradies bleiben (darf) und so müssen auch wir Bocas nach ein paar Tagen verlassen. Der direkte Weg nach Panama City ist allerdings eindeutig zu weit und so unterbrechen wir die Fahrt zweimal. Dabei werden die relativ langen Fahrtage durch Podcasts und Musik, die Nachmittage durch Entspannen und Spaziergänge am Meer dominiert. Spaziergänge am Meer bergen dabei immer mindestens einen kritischen Moment, denn Ramonas Begeisterung für Muscheln hat seit dem 3. Lebensjahr wohl nicht signifikant abgenommen. Auch wenn die Muscheln hier besonders schön sind, muss ich jedes Mal irgendwie charmant darauf hinweisen, dass wir einfach nicht alle mitnehmen können. Aber fast…
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