Neun Stunden auf der Fähre sind anstrengend, vor allem wenn daraus 10,5 Stunden werden. Hätte ich auch nicht gedacht, ist aber so. Ja, ok wir müssen früh aufstehen und ja, man kann auf den Sitzen dort auch nicht so gut schlafen, aber wie fertig wir abends dann ins Bett fallen, ist schon eher überraschend. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass wir den gesamten Tag über zu wenig gegessen haben. Die Stimmung sinkt dann doch merklich, je länger es dauert bis wir vernünftige Nahrung aufnehmen. Und nach Nudeln mit Pesto sind wir dann komplett platt.
Der nächste Morgen begrüßt uns mit Nieselregen und einem kleinen Schock. Aber eins nach dem anderen, erstmal pöbeln: HEY, Sonne war abgemacht, nicht so ein wettertechnischer Deutschlandabklatsch. Aber da wir ausgeschlafen sind und auf Rhodos die Bewegung ein wenig mangelhaft war, machen wir uns dennoch auf den Weg und gehen eine kleine Runde im Hochland wandern. Der Ausblick ist zwar dann nur so semi (die Wolken hängen tief), aber immerhin werden wir nicht angeregnet und eine abwechslungsreiche Tour ist es trotzdem.
Nun zurück zum weniger schönen Erlebnis des Tages: Wir hatten uns schon auf Rhodos Gedanken gemacht, wie es denn nach Griechenland weitergehen könnte. Corona macht die Planung momentan nicht besonders einfach, aber wir haben eine für uns äußerst attraktive Lösung gefunden: Südafrika! Seit 1. Oktober sind die Grenzen für Touristen wieder geöffnet! Also soll es mit dem Mietwagen von Kapstadt aus über den Osten weiter in den Norden gehen, bis wir letztlich in Windhoek, Namibia landen. Acht bis neun Wochen Afrika! Das ist doch mal eine Perspektive.
Nach einer Woche Träumereien wachen wir nun also morgens auf und haben diverse E-Mails und Push-Nachrichten auf dem Handy.
- Südafrika hat Griechenland zum Risikogebiet erklärt. Also nix ist mit Anreise aus Athen nach Kapstadt.
- Wir buchen zügig um und organisieren einen Flug von Athen nach Windhoek, um die Strecke einfach umgekehrt zu fahren. Prompt kommt kurz nach der Bestätigungsmail eine neue Nachricht. Qatar Airways cancelt alle Flüge nach Namibia. DEIN ERNST?
Diverse Suchanfragen später findet sich die Lösung mal wieder in Deutschland. Ein kurzer Flug von Athen nach Frankfurt, dort den leider für Namibia vorgeschriebenen Covid-19-Test machen und am nächsten Tag mit dem hoffentlich negativen Ergebnis in den Flieger nach Windhoek. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Natürlich kommt das Baden auf Kreta auch nicht zur kurz, aber wir schaffen es zumindest ein paar mehr Aktivitäten unterzubringen. Neben dem Besuch einer alten Olivenfabrik, die offenbar ein Mekka für Mücken ist, durchwandern wir die wunderschöne Richtis-Schlucht. Auf 10 Kilometern haben wir die Natur bis kurz vor Schluss komplett für uns alleine. Zwischenzeitlich ist nicht klar, ob wir jetzt in Griechenland oder doch auf Bali wandern.
Die etwas ranzige Taverne am Ende der Wanderung holt einen dann aber wieder zurück in die Realität. In einem Anflug unglaublicher Großherzigkeit nehmen wir ein frisch verrentnertes Ehepaar das kurze Stück zur Taverne mit dem Auto mit. Ein Gespräch kommt leider nicht so richtig zustande und das, obwohl die beiden offenbar schon weit gereist sind und viel zu erzählen hätten. Dafür ist die Coke Light dann kostenlos, hat auch was für sich.
Unsere Unterkunft liegt unmittelbar neben Agios Nikolaos, einer sehr touristischen Hafenstadt. In den 70iger Jahren noch ein Gegenspieler zu Nizza, ist es nun ein wenig in die Jahre gekommen. Zwar kann man sehen, dass hier einst richtig Geld unterwegs war, aber richtiger Glamour ist nicht mehr zu spüren. Aber der Ort hat seinen Reiz und vor allem viele sehr ansprechende, gemütliche Restaurants. Abends durch die Stadt zu schlendern, die sogar eine Fußgängerzone hat, ist zu dieser Jahreszeit ein schöner Tagesabschluss. Und die Eiskugeln sind riesig. Hab ich gehört.