Wadi
Liest man über den Oman, stolpert man unabdingbar über dieses Wort. Und zwar annähernd überall. Aber nicht nur vor der Reise, auch währenddessen sollte es unser ständiger Begleiter werden.
Wadis sind Flussbetten, die meistens nur nach sehr starken Regenfällen Wasser führen. Dann füllen sie sich aber sindflutartig und man sollte sie so schnell wie möglich verlassen. Das heißt, sobald dunkle Wolken aufziehen oder es einige Kilometer entfernt regnet – nichts wie raus! So richtig oft ist uns das im Oman aber nicht passiert. Um genau zu sein, haben wir nur eine Fahrt wegen zu tiefer „Pfützen“ abgebrochen. Nach unseren Erfahrungen im isländischen Hochland würden wir aber jetzt nicht mehr so klein beigeben.
Im Oman gibt es vielfältigste Wadis, die alle eine Erkundungstour wert sind. Da sind Wadis, die man kaum findet und alleine entdecken kann. Wadis mit kargen Felswänden, zwischen denen man am Ende nur noch zu Fuß weiterkommt. Aber auch Wadis mit perfekt angelegten Bade- und Freitzeitmöglichkeiten. Oder Wadis, die gänzlich ausgetrocknet wirken, durch die befestigte Straßen führen und in denen man doch erst ganz am Ende wieder auf Orte trifft.
Wadi Al Abiyad
Kaum ein Wadi kostet uns so viele Nerven wie dieses Schmuckstück. An der Straße 13, die von Muscat über Nakhl nach Rustaq führt, weist ein Wegweiser zur Oase Al Abyad – kann ja eigentlich nicht so falsch sein. Müsste man meinen. Aber weiter kommen wir auch irgendwie nicht. Wir versuchen mit Händen und Füßen, nach dem Weg zu fragen – die Omanis strahlen uns an, zeigen aber immer in Richtungen, in denen wir schon waren. Unseren Versuch, das Wadi von Norden aus zu besuchen, brechen wir frustriert ab. Das kann im Laufe der Reise ja nur besser werden.
Und genau das wird es bereits bei unserem zweiten Versuch, das Wadi von Süden aus zu erreichen. Bis zum Örtchen Subaykhah ist die Straße befestigt, danach geht es auf Schotter endlich durch das versprochene Flussbett.
Je weiter wir das Wadi entlang fahren, desto feuchter wird der Untergrund. Immer tiefer wird das Wasser und aus den Kieseln werden richtige Steine. Unser Toyota schaukelt sich tapfer durch die immer schmaler werdende Spur. Als die dann selbst für Maltes unantastbares fahrerisches Selbstvertrauen zu eng wird, lassen wir den Wagen stehen und „wandern“ noch fünf Minuten bis zu den blausten Pools, die wir je gesehen haben. Fazit: Nicht gleich am Ende der Schotterpiste aufgeben, da gehen noch ein paar Meter 🙂
Das Wasser in den Pools ist glasklar und herrlich erfrischend! Und das Beste daran: wir haben sie ganz für uns alleine!
Wadi Shab
Während man das Wadi al Abiyad am besten nur mit eigenem Geländewagen und der nötigen Portion Mut erreicht, geht die einzige Gefahr eines morgendlichen Besuchs des Wadi Shab von harmlos aussehenden Schulkindern aus, die gerne zu zehnt auf unserem Rücksitz ein Stückchen mitfahren möchten.
Das Wadi Shab war bereits als richtiges Freizeitziel angelegt, wurde aber 2007 von einem verheerenden Zyklon stark zerstört. Inzwischen hat sich die Natur gut erholt und mit seinem türkisblauen Wasser und den Palmen vor den steil aufragenden Felswänden ist es für uns eines der schönsten Wadis des Oman. Es ist leicht von der Straße 17 aus zu erreichen, direkt unter der Autobahnbrücke findet auch das Auto ein schattiges Plätzchen, während man mit dem Boot zum Beginn des Wadis übersetzt.
Die Wanderung durch das Wadi ist nicht schwer, aber wir beneiden so manchen Touristen nicht um seine FlipFlops. Es müssen nicht unbedingt Wanderschuhe sein, aber mit Turnschuhen lässt sich unser Weg deutlich zügiger und angenehmer gehen. Wir sind eigentlich gut vorbereitet, nur den Drybag für unsere Sachen haben wir vergessen. Es wäre schon deutlich leichter gewesen, die Rucksäcke nicht stellenweise über dem Kopf tragend transportieren zu müssen.
Das absolute Highlight versteckt sich ganz am Ende des Wadis. Durch mehrere Pools kann man immer weiter in das Wadi hineinschwimmen, bis man zu einem tieferen Pool gelangt (wie gesagt: Drybag!). Auch wenn der Weg dann fast zu Ende scheint, nicht aufgeben – mit dem Kopf über Wasser geht es durch eine schmale Festspalte zwischen die Felsen.
Dort eröffnet sich eine kleine Höhle mit Wasserfall, zu dem einige Verrückte (ich möchte hier niemanden namentlich nennen, der meinen Blutdruck dabei nach oben treiben kann) an einem Seil nach oben klettern. Nach einem kleinen Weg oberhalb der Höhle gelangt man zu einem Felsvorsprung und kann sich mit dem Wasser rund 10m in die Tiefe stürzen.
Wadi Bani Khalid
Leicht zu erreichen und am besten touristisch aufbereitet ist das Wadi Bani Khalid. Der Traum einer Oase mit türkisblauem Wasser wird ergänzt um angelegte Parkplätze, Wege und Brücken, ein Restaurant und kleine, schattenspendende Pavillons.
Hier machen auch die Omani ein wenig Urlaub: mit Sackwägelchen und bepackten Eseln schleppen sie ganze Grills, Kühlboxen und Essensvorräte für mindestens zwei Wochen in das Wadi. Dem ausgelassenen Familienpicknick steht also nichts mehr im Weg.
Etwas abseits der großen Badepools gibt es eine kleine Wanderung zu einer Höhle. Wir sind leider ohne Taschenlampe unterwegs, da macht ein Besuch im Dunkeln wenig Sinn. Aber auf dem Weg finden wir einige abgeschiedenere, natürliche Pools, die unbedingt bebadet werden wollen.
Wadi Mistal
Genug vom Wasser? Dann kommt jetzt ein ganz anderes Wadi mit breit ausgebauter Straße und der vielversprechenden Ankündigung im Reiseführer, hier Kamele zu finden. Die Einfahrt zum Wadi Mistal liegt nahe Nakhl „gegenüber“ der Einfahrt zum Wadi Al Abiyad und ist nicht zu verfehlen. Von Anfang an bin ich bis zum Zerreißen gespannt, ich will unbedingt Kamele sehen! Aber bei unserem Besuch ist es schon später Nachmittag und wir haben nicht mehr viel Zeit, denn wir wollen bis ans Ende des Wadis zum Örtchen Wakan.
Zu Maltes Glück kommt schnell Entwarnung für die angespannte Situation: da sind Kamele! Es ist Liebe auf den ersten Blick!
Am Ende des Wadi führt die Straße schmaler und steiler nach oben. Von Wakan aus eröffnet sich ein traumhafter Blick über das gesamte Tal. Bei der tiefstehenden Abendsonne glühen die Berge regelrecht, während ich bei ungewohnt kühlen 20°C im Schatten schon fast überlegen könnte, ein wenig zu bibbern.
Wadi Tanuf
„Lost Places“ sind ja total im Trend. Durch verlassene Häuser und Anlagen streifen, kann man hier auf etwas andere Art. Vor rund 60 Jahren wurde der Ort Tanuf zerstört, aber anstatt nach dem Krieg die Häuser wieder aufzubauen, wurde einfach ein paar Kilometer entfernt ein ganz neues Städtchen angesiedelt.
Hinter den Ruinen Tanufs eröffnet sich das namensgleiche Wadi. Während es mit einem Staudamm am Anfang nicht sonderlich spektakulär beginnt, lohnt sich eine Fahrt weiter hinein. Die Felswände ragen karg und steil nach oben. Je weiter man fährt, desto näher scheinen sie zu kommen.
Parkt man das Auto direkt unterhalb der kleinen Ortschaft, kann man über einen schmalen Fußweg noch weiter in das Wadi hineingehen. Anscheinend hätten wir am Ende nur noch über ein paar Felsen klettern müssen, um wieder zu Badepools zu gelangen. Ein Plan für das nächste Mal!
Wadi Dhayqah
Das stehen wir nun, vor uns fließt das Wasser über die Straße. Sand und kleine Steine vermischen sich zu einem matschigen Brei und wir sind unschlüssig, was wir unserem Toyota zutrauen können. Rückblickend haben wir ihn sicherlich unterschätzt.
Geplant ist eigentlich eine Fahrt über das Wadi Suwayh in das Wadi Dhayqah. Leider treffen wir keinen Einheimischen, der uns etwas über den Zustand der Piste oder das Wetter der letzten Tage sagen kann. Wir brechen die Fahrt ab und machen stattdessen nur einen Abstecher von der 17 zum Staudamm des Wadi Dhayqah. Die Anfahrt ist so natürlich wenig spektakulär, aber der Anblick der gestauten Wassermassen umso beachtlicher. Rund um den Staudamm ist ein großes Naherholungsgebiet angelegt, es gibt Picknicktische, einen Fußweg nah an den Damm, eine Touristinfo. Nur keine Touristen.