Furtenfurcht?
Dacia Duster. Allrad. Ich will fahrerisches Abenteuer. Auf geht es ins Hochland.
Es zieht mich magisch an. Nicht nur, weil man im Hochland die beste Übersicht hat, ist ja schließlich hoch. Nein, vor allem weil wir an einen Vulkankrater wollen und wie der Zufall es will, sind auf dem Weg dorthin einige Furten, die es zu durchqueren gilt. Das bedeutet, mit dem Wagen durch tiefes Wasser fahren. Und das ohne Schnorchel und jederzeit mit der Gefahr, dass der Wagen danach hin ist und wir festsitzen. Klingt doch mega. Hochland
Auf nach Askja!
Wir kommen vom Südosten Islands und müssen uns somit wieder über einige Schotterwege (1 – 923 – F910 – F894) in das Inland vorarbeiten. Die Strecken sind aber gut fahrbar und die ersten Furten auch wirklich kein Problem. Man grooved sich so langsam ein und bekommt ein Gefühl dafür, was der Wagen kann. Die Strecke an sich ist toll. Es geht nie steil nach oben, aber man merkt, dass man höher kommt. In unserem Fall leider den Wolken entgegen. Hochland
Askja ist ein Vulkan und der Hauptvulkan des Vulkansystems, das ihn umgibt. Vor allem aber liegt er am Vulkankrater /-see Öskjuvatn. Wir haben Bilder davon im Vorhinein gesehen und freuen uns auf diese großartige Kulisse. Wir nähern uns dem Öskjuvaten von Norden her und fahren die letzten Kilometer in leichtem Schneefall. Hochland
Also fluchs den Wagen abgestellt und auf geht’s zum Krater. Mehr Schneefall. Noch mehr Schneefall. Die Winterklamotten und die Schals bewähren sich so langsam, aber es ist noch entspannt. Wir kommen am Krater an und freuen uns, eine so gute Sicht auf ihn zu haben. Hatten wir so aufgrund der Verhältnisse nicht erwartet. Aber klein kommt er uns vor. Sehr klein. War nicht die Rede davon, dass es neben dem Krater noch einen geben soll? Vití oder wie er hieß? Also mal drum herum und fast die Kante runtergefallen. Dann stehen wir nämlich auf einmal am „echten“ Öskjuvatn. Also vermuten wir, denn wir sehen absolut gar nichts. Es geht vor uns mindestens 20 Meter in die Tiefe, aber danach erkennen wir nichts mehr. Ich werfe einen Stein und höre, dass er im Wasser aufschlägt. Irgendwo da müsste der Krater also sein. Hochland
Was wir auf dem Weg zum Krater nicht bemerkt hatten, war der Rückenwind. So richtig viel Rückenwind. Und was wird aus Rückenwind auf dem Hinweg? Richtig, Gegenwind auf dem Rückweg. Natürlich auch so richtig viel Gegenwind. Es kommt eher einem Sturm gleich, der den mittlerweile eher vereisten Schneefall in unsere Richtung peitscht. Das erklärt auch so langsam, warum wirklich niemand sonst auf die Idee gekommen ist, dort wandern zu gehen. Der Weg zurück zum Auto ist nicht weit, aber wir müssen unsere Schals und Kapuzen so ins Gesicht ziehen, dass wirklich nur noch Schlitze übrig bleiben und selbst die sind irgendwann vereist.
Also alles in allem echt geil. Ich meine, wandern im Schneesturm in Island? Check!
Der Weg durchs Hochland Richtung Norden an den Myvatn (F 894 – F910 – F88) ist danach ein Klacks. Wir kommen gut durch und ich kann es nicht lassen, immer wieder die Schnarchnasen vor mir zu überholen. Der Schotter prasselt auf den Wagen ein. „Don’t be gentle, it’s a rental!“
Keine besonderen Vorkommnisse… Hmm, eine Furt. Die sieht irgendwie mehr nach einem echten Fluss aus. Wir bleiben davor stehen und ich steige aus, um mir die Situation anzuschauen. Ich sehe ein Schild, das wir im Vorbeifahren wohl übersehen haben: „Very difficult for small jeeps!“ Na Gott sei Dank, haben wir nen Dacia Duster und keinen Jeep. Vorsichtshalber sage ich Ramona mal nichts davon. Im Fluss liegt eine Leine die einem, vergleichbar mit einem Schwimmbad, die Grenze zwischen gut und böse weist.
Was solls, der Weg zurück ist viel zu lang. Und es steht da ja nur „very difficult“, nicht „impossible“. Auf in die Fluten. Die ersten Meter fühlen sich gut an, wir kommen gut durch. Das Wasser steigt allerdings, je weiter wir in den Fluss kommen. Auf einmal schwappt es das erste Mal über die Motorhaube und ist auf Höhe der Fenster. Ich gebe nur noch Gas und halte den Wagen auf Linie. Das mit der Linie ändert sich, als die Reifen auf einmal keinen Grip mehr haben und wir ganz offensichtlich nur noch treiben. Für ewige zwei Sekunden sehe ich den Wagen schon absaufen. Dann merke ich, dass wir wieder Vortrieb haben und wir uns langsam aus dem Fluss wühlen. Kaum sind wir durch die Furt, bleibe ich stehen und nehme die Hände vom Lenkrad. Ramona neben mir ist weiß im Gesicht und ich lache. Laut. Zu laut. Vielleicht ein wenig hysterisch.
Rückblickend betrachtet, muss ich sagen, dass man das so nicht machen sollte. Es ist natürlich nur auf meine übertrieben herausragenden Autofahrskills zurückzuführen, dass nicht mehr passiert ist. Aber es hätte auch richtig schief gehen können. In diesem Sinne Augen auf bei der Furtenwahl.
Auf dem Weg nach Myvatn kommt uns dann noch ein Hochlandbus entgegen, der Touristen, die nicht selber fahren wollen, kutschiert. Er deckt uns mit einer Welle aus Steinen ein, als er uns passiert. Quintessenz: Blinker hinten links zersplittert, die gesamte linke Wagenseite gleicht einer Mondlandschaft. In diesem Fall gilt dann: „Hey, please be gentle, it is just a rental!“
Unser Wagen, den wir Eisbär getauft haben, hat sich in einen Braunbären oder einen Eisbär mit einem Reinlichkeitsdefizit verwandelt. Dirty Boy.
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