Es ist einfach zu heiß. Jeden Tag hat es zwischen 40 und 42 Grad. Also beschließen wir, den Norden vorzeitig zu verlassen und uns nach Süden vorzuarbeiten. Dafür recherchiere ich den Wetterbericht so präzise wie möglich, denn wir wollen zum Wandern in die Cederberg Wilderness Area. Aber wer will schon bei diesen Temperaturen wandern? Mit ein bisschen geschickter Routen-Umplanung gelingt es uns aber, es genau so einzurichten, dass wir drei Tage lang etwa 25 Grad haben werden. Es gibt keine Ausreden mehr und die Schonzeit für unsere Beine ist vorbei!
Ramona hat also passend zu meiner Recherche gleich ein Programm vorbereitet. Drei Wanderungen auf drei Tage. Wir wollen uns aber erst wieder an dieses komische Ding namens „körperlicher Betätigung“ herantasten und so starten wir mit einer kleinen Wanderung zu einem Wasserfall. Wir bilden uns ein, dass es sich vermutlich eher um einen spärlichen Vertreter seiner Gattung handelt und die Wanderung nur so heißt, weil es eben der einzige Wasserfall in der Umgebung ist. Das ist so erstmal korrekt. Aber als spärlich würde ich ihn nicht bezeichnen.
Wunderschön prasselt das Wasser zwischen den Felsen und über die Grasbüschel, die sich unter dem Wasserfall gebildet haben, hinab. Alles, aber auch wirklich alles, daran drängt sich geradezu auf, werbetauglich zu duschen. Erstmal sind leider noch andere Wanderer da und so verlängern wir die Wanderung spontan ein wenig und kehren erst später zum Wasserfall zurück. Jetzt hält uns aber nichts mehr auf. Raus aus dem Klamotten und auf in das (sehr kühle) Nass.
Die zweite Wanderung und damit unser Bergfest führt uns zunächst in quälend steiler Steigung zu riesigen Felsspalten. Dort sollen wir, laut einer Dame vom Nationalpark, „nur ein wenig am Berg entlang gehen“ und dann würde man den Weg durch die Felsspalten auch schon sehen. Ja gut, wir finden den Weg, aber dass man vorher eine etwa drei Meter hohe Steilwand überwinden muss, die für mich trotz meiner 1,87m bereits schwer, aber für Ramona mit ihren 1,15m völlig unmöglich zu überwinden ist, hat sie vergessen zu erwähnen. Aber, Held, Ritter, bescheidener Helfer wie ich bin, ziehe ich sie über dieses Hindernis und es kann weitergehen.
Wobei „gehen“ wohl ein starkes Wort für das Gekraxel ist, was nun folgt. Hatte ich mich gerade noch über meine Größe gefreut? Nun klemme ich mich unter größten Anstrengungen durch enge Felsspalten und unter riesigen Felsen hindurch. Ich möchte hierbei ausdrücklich betonen, dass diese Schwierigkeiten ausschließlich auf meine Körpergröße und nicht auf meine Körperfülle zurückzuführen sind! Jedenfalls ist die Wanderung ein Riesenspaß und Abenteuer. Zwischen den Spalten tun sich immer wieder Felsbögen und Formationen auf, die einen den Mund nicht mehr schließen lassen. Als sich dann vor uns die Hochebene öffnet und wir unser Ziel, den Wolfberg Arch, in der Ferne erahnen können, geht es leichter voran.
Nach sechs Stunden und damit zwei Stunden schneller als angedacht, haben wir schwere Beine und freuen uns aus den Schuhen rauszukommen. Aber was für ein Erlebnis!
Als kleinen Wanderabschluss erwandern wir uns noch das Maltese Cross und somit ein Pflichtziel für mich. So wurde dieser Ort nach mir benannt als ein Forscher aus Südafrika von meiner Geburt erfuhr und, wie sich herausstellen sollte, zu Recht sofort davon überzeugt war, dass die Welt in diesem Moment so unglaublich bereichert wurde, dass nur ein 30 Meter hohes natürliches Kreuz diesem Weltereignis Rechnung tragen kann. (Leider weilt der Forscher nicht mehr unter uns, um diese Überlieferung zu bestätigen.)
Um uns das üppige Abendessen zu Heiligabend zu erarbeiten, gehen wir sogar am 24.12. wandern. Wer mir das vor einigen Jahren mal prophezeit hätte, den hätte ich für bescheuert erklärt. Den Abend verbringen wir zu zweit und alleine, aber auf keinen Fall einsam, mit Grillen und Nudelsalat. Dazu den beim Wine-Tasting ergatterten Rotwein und das erste Weihnachten außerhalb Deutschlands hätte besser nicht sein können.
Der zweite Weihnachtsfeiertag wird, wie die folgenden Tage, durch ein Winetasting dominiert. Also eigentlich eher durch zwei. Schließlich waren unsere Wein-Vorräte auch leer und so konnten wir diesen Umstand glücklicherweise wieder bereinigen.
Wo könnte unser Aufenthalt in den Winelands einen gelungenen Abschluss finden? Natürlich im Weingut Oldenburg, knapp 9740 km fern der Heimat. Mal abgesehen von dem wunderbaren Ausblick über die Weinberge mit spektakulären Felswänden im Hintergrund, ist es das umfangreichste Wine-Tasting, das wir gemacht haben. Jeder bekommt acht halbe Weingläser und am Ende sind wir durchaus nicht mehr nüchtern.