Nach dem augenöffnenden All-Inclusive-Gedrängel dürfen wir nun mit reduziertem Jetlag und hoffentlich auch ohne Covid-Ansteckung endlich wieder mit einem Mietwagen losziehen. Die alten Ägypter warten auf uns! Voll motiviert machen wir uns auf den Weg und es passiert erstmal: Nichts. Die Strecke nach Luxor ist eher so, ähm, einheitlich. Allerdings unterbricht bald ein unangenehmes „Pling“ die lange Fahrt. Da offensichtlich aller guten Dinge drei sind, ziert nun wieder ein Steinschlag unsere Windschutzscheibe. Während wir in Namibia und Südafrika mit winzigen Kratern glimpflich davongekommen sind und zur großen Freude der Angestellten gleich zwei Mal in Upington die Carglass-Alternative aufgesucht haben, sieht es diesmal anders aus. Ein doch nicht unerheblicher Sprung zieht sich von links über die Scheibe und Kilometer für Kilometer kann ich ihm beim Wachsen zuschauen. Im Gegensatz zu uns sieht man das Ganze bei der Mietwagenfirma allerdings äußerst entspannt und nach einer kurzen Nachricht („Die Scheibe wird euch nicht ins Gesicht fallen.“) lassen wir das Thema fürs Erste ruhen.
Nach dieser eher unangenehmen Erfahrung bringt zumindest kurzzeitig unser erster Polizeicheckpoint Farbe ins Spiel. Viel haben wir über die ägyptischen Checkpoints gelesen: unglaublich viele sollen es sein und der Ablauf je nach Laune der Beamten entspannt oder eben weniger. Viele sind es in der Tat, unser erster Beamter ist allerdings ein etwa 18 Jahre alter (auszubildender?) Polizist. Völlig verunsichert von der Tatsache, dass wir Touristen sind und kein Arabisch sprechen, fallen ihm im Wechsel Stift, der Fahrzeugschein oder sein Hefter aus der Hand. Wir lösen es, indem ich ihm mit sanfter Gewalt den Hefter entwende und unsere Daten eintrage. Der ältere Kollege beobachtet die Szene mit einem breiten Grinsen im Gesicht und nicht ohne uns danach stolz seine goldenen Sterne auf den Schultern zu zeigen.
Um uns von der geringen Abwechslung zu befreien, entscheidet GoogleMaps uns noch einen kleinen Streich zu spielen. So schickt es uns durch einen immer enger werdenden Weg bis letztlich nichts mehr geht. Die Ägypter auf ihren Eselkarren sind aber äußerst freundlich (oder auch ein wenig belustigt) und weisen uns mittels internationaler Hand- und Fußsprache den besten Weg zu unserem Ziel. Diese kleine Begegnung spiegelt so ziemlich unsere Erfahrungen in Ägypten wider: sobald man die rein touristischen Pfade verlässt, sind die Menschen freundlich und aufgeschlossen. In den Touristenzentren hat man dagegen das Gefühl, ein Beutel Blut im Käfig voller Mücken zu sein.
In unserem Fall ist nicht der Weg das Ziel, sondern die Thebanische Nekropole bei Luxor. Um 04.30 Uhr klingelt am folgenden Morgen der Wecker und wir machen uns hundemüde auf den Weg. Angeblich wird es dort tagsüber unerträglich heiß und so wollen wir die erfrischende Morgenluft mit ihren 35°C nutzen und bereits zur Toröffnung um 6 Uhr da sein. Tja, denkste. Covid (oder auch die Lustlosigkeit der Mitarbeiter aufgrund fehlender Touristen) sorgt dafür, dass die Öffnungszeit auf 7 Uhr verlegt wurde. Wer braucht schon Schlaf. Ich wollte die Stunde eigentlich auch gar nicht mehr im Bett liegen, vielmehr verbringe ich sie gerne wartend auf einem Schotterparkplatz. Was lange währt, wird endlich gut und für uns geht es in das Tal der Könige, einem großen, in den Fels gehauenen, uralten Friedhof. Und die Gräber sind unglaublich spektakulär! Wir haben auf Grund der Zeit in Mexiko den direkten Vergleich zwischen Antiken Völkern und, liebe Azteken und Mayas, das Duell verliert ihr leider deutlich. Was die alten Ägypter künstlerisch geleistet haben, ist phänomenal.
Für die Proportionen der Menschen und Tiere, für die Präzision, mit der die Zeichnungen durchgeführt wurden, gehen mir die Superlative aus. Selbst nach 3500 (!!!) Jahren sehen die Verzierungen noch aus wie neu und die Farben leuchten nur so um die Wette. Wir sind zutiefst beeindruckt und auch ein bisschen enttäuscht, dass wir nur vier Gräber besichtigen können.
Allerdings wären wir nach noch mehr Gräbern vermutlich auch alle Ägyptischen Pfund losgewesen. Unglücklicherweise stehen am Eingang eines jeden Grabes „Guides“ bereit, die zuerst die Tickets kontrollieren und einen einschließend mit einem Maximalabstand von etwa 56 Zentimetern begleiten. Dabei deutet der „Guide“ etwa alle zehn Sekunden auf die Darstellungen von Osiris, Anubis oder Amun-Ra und untermalt den Fingerzeig mit dem entsprechenden Namen. Weitere Englischkenntnisse oder Informationen gibt es leider nicht. Was nervig beginnt, wird am Ende dreist, denn für ihre „Leistung“ fordern sie deutlich Bakshish (Trinkgeld). Und dabei kommt es vor, dass sie mit dem ersten Schein nicht zufrieden sind. Ich aber. Blöd für sie.
Die Distanzen zwischen den Sehenswürdigkeiten und Luxor selbst sind nicht unerheblich und dank unseres Mietwagens können wir uns die üppigen Taxipreise sparen. Das hält die Fahrer allerdings nicht davon ab, uns ein „Taxi?“ entgegen zu rufen, wenn wir neben ihnen anhalten. Klar, mein Wagen gefällt mir nicht mehr, lass uns mit deinem fahren. Alternativ kennt auch jeder jemanden, der uns mit dem Boot über den Nil zum Hotel bringen könnte. Aber auch da bleibt die Mietwagen-Frage ungelöst. Als letzter Ausweg bleibt noch die Pferdekutsche, aber nachdem wir diversen Kutschern deutlich machen müssen, dass uns das nicht zusagt, haben wir uns das Abendessen verdient. Wir genießen den Sonnenuntergang über dem Tal der Könige mit kaltem Karkadeh (Hibiskustee) und einem Festmahl für kleines Geld.