Die Muskeln brennen, die Augen nicht weniger und blaue Flecken habe ich überall. Ganz klar, ich habe mich mal wieder auf das Surfbrett gewagt. Nach unserer Hipster-Party-Surfort-Erfahrung in Santa Teresa erwarten wir in Samara Ähnliches und werden absolut positiv überrascht. Entspannt, nicht so überfüllt und mit guten Restaurants ausgestattet. Ich meine, ich esse dort Sushi. Freiwillig!
Auf einem gigantisch schönen Campingplatz direkt am Strand bleiben wir hängen. Aus einer Nacht werden drei und ich stehe jeden Tag auf dem Surfbrett. Zwar immer nur sehr kurz, aber immerhin. Ganz offensichtlich nutze ich Muskeln, die bislang ein eher vernachlässigtes Dasein gefristet haben und das Surfbrett entwickelt die unbequeme Angewohnheit, mich anzufallen. Negativ gesehen könnte man sagen „Au, verdammt!“, ich möchte mir hier aber die positive Sichtweise meines besten Freundes zu Eigen machen: „Man merkt, dass man lebt!“
Nachdem ich meine Arme eh nicht mehr heben kann, schnallen wir uns zum ersten Mal unsere Wanderschuhe unter und machen uns auf den Weg durch den Urwald. Wie schon in Norwegen sind auch hier Wasserfälle ein beliebter Endpunkt von Wanderungen. Einziger Unterschied: Die Füße werden nicht schockgefroren, wenn man sie in das Becken taucht.
Während meine in San José hart ersuchten Wanderschuhe sich wirklich ausnehmend gut präsentieren und mich von jeglichen Blessuren verschonen, wird Ramona (schon wieder) geplagt. Bereits ihre letzten, neuen Wanderschuhe brachten ihr kein Glück und mussten in Südafrika zurückbleiben, weil sie zuverlässig für schmerzenden Fersen sorgten. Die neuen Schuhe aus Costa Rica entscheiden sich gegen Blasen, aber für eine Druckstelle am linken Knöchel. Aber auch nur dort. Leider humpelt Ramona irgendwann nur noch hinter mir her und der Genuss der Wanderung geht – sehr vorsichtig formuliert – ein wenig verloren. Als Kämpfernatur beschließt sie jedoch, dass die Schuhe eingelaufen werden müssen. Es bleibt spannend.
Ein Faktor, warum wir uns für Costa Rica entschieden haben, war der Stand des Landes auf der ITB. 2019 waren wir für ein paar Tage in Berlin und haben uns auf der Internationalen Tourismus Börse auf unser Sabbatical eingestimmt. Eigentlich wollten wir letztes Jahr wiederkommen, wenn wir genauere Vorstellungen von unserer Reise ins Auge gefasst haben. Die nahende Pandemie hat hier jedoch zu einer der ersten „großen“ Absagen geführt und danach ja eh alle Pläne über den Haufen geworfen. Zurück in der Vorpandemiezeit bewunderten wir den Stand Costa Ricas: ein einziges Gewächshaus. Überall grün, bunt und voller Tiere. Dieser dichte Urwald hat uns schon in Uganda unglaublich gut gefallen, aber Costa Rica setzt nochmal einen oben drauf. Die Pflanzen- und Artenvielfalt, die wir auf unseren Wanderungen (jetzt in der Pandemiezeit) erleben, ist außergewöhnlich. Wir lernen den Unterschied zwischen einem Primärwald (von Menschenhand unberührt) und einem Sekundärwald (vor langer Zeit von Menschen gerodet und nun wieder sich selbst überlassener Wald) zu erkennen. Man gewinnt so viele Informationen über die Pflanzen- und Tierwelt und nur einen Bruchteil davon werde ich nächste Woche noch reproduzieren können. Schade. Aber wir geben uns Mühe, möglichst viel zu verinnerlichen und mit sich gegenseitig ergänzenden Bruchstücken ein ungefährliches Halbwissen aufzubauen. Am Ende ist es vor allem wichtig mit ein wenig nutzlosem Wissen bei Gesprächen in der Mittagspause aufzutrumpfen. Vor allem ich will nun wirklich nicht meinen Ruf als Klugscheißer verlieren, das verbietet mir mein Ehrgefühl.
Schon die zweite Woche in Folge nutzen wir die Dunkelheit und freuen uns über die nicht mehr vorhandene Ausgangssperre. Statt aufs Wasser geht es diesmal in den nächtlichen Urwald. Bislang haben wir mit allen Guides gute Erfahrungen gemacht. Sie waren (so weit wir das beurteilen können) kompetent, freundlich und man konnte mit ihnen eine gute Zeit verbringen. Unser „Nachtguide“ ist uns leider von der ersten Minute an unsympathisch. Er scheucht uns von einer Ecke in die andere anstatt langsam suchend durch die Natur zu streifen. Anscheinend hat jedes Tier einen festen Ort und eine feste Zeit, die wir abpassen müssen. Begleitet wird die Tour von harschen Anweisungen, wo wir uns hinzustellen haben und dass wir ihm alle (!) folgen sollen. Als würde in einer Kleingruppe gerne jemand im nächtlichen Urwald alleine zurückbleiben und sich eine gemütliche Ecke zwischen Schlangen und Taranteln suchen. Doch auch sein Umgang(ston) ändert nichts daran, dass es spektakulär ist, Tiere wie eine grüne Viper oder auch ein Gürteltier (unfotografierbar) zu sehen.
Ach, ist das alles schön und spannend! Eine Nachtwanderung durch den Urwald geht wahrscheinlich nur mit einem Guide, der im Befehlston durchgreift. Wer weiß, was der alles schon erlebt hat und wen der im nächtlichen Urwald suchen mußte….
Ich lese jedesmal gern Eure Wochenberichte. Sie entführen mich in Welten, die ich wohl in meinem Leben nicht mehr kennenlernen werde….
Viel Glück weiterhin!
Das mag sein, aber wir sind ja auch keine Amerikaner… Die gehen bestimmt schneller verloren als wir. Aber der Erfolg gibt ihm wohl am Ende recht.