Ciao Bella!
Irgendwie war jeder schon mal am Gardasee, nur wir nicht. Er ist schnell zu erreichen, man erlebt das italienische Flair und kommt doch problemlos mit Deutsch zurecht. Klingt ein bisschen wie Mallorca. Vielleicht auch genau deswegen haben wir ihn lange nicht auf dem Schirm. Normalerweise sind wir nur an der lange Autoschlange auf der Abbiegespur vorbei nach Süden gefahren, denn die Aussicht auf viele deutsche Reisende ist nicht gerade ein ausschlaggebendes Kriterium für ein Reiseziel. Doch wir haben vier Tage Zeit und wollen unbedingt weg. Ein bisschen wandern, faulenzen und wärmere Temperaturen genießen ohne ewig im Auto zu sitzen. Leider gelingt uns das mit der kurzen Anfahrt nicht wirklich, aber dann ist er da: der erste Blick auf den Gardasee! Und wir? Wir sind hin und weg.
Strada della Forra oder das achte Weltwunder
Wir wollen einen richtigen Blick auf den Gardasee von oben. Unbedingt. Für uns lohnt sich die Fahrt ans andere Seeufer nicht, nur um vom Monte Baldo einen Blick auf den See zu werfen. Nach unserem Besuch der „Schauderterrasse“ in Pieve di Tremosine können wir uns auch kaum vorstellen, dass das Panorama noch viel besser sein kann. Die Terrasse gehört zum Hotel Paradiso und ragt in rund 350m Höhe über den Felsen. Das einzige Problem der Schauderterrasse ist der Weg dorthin. Und damit denke ich nicht an die rund um die Uhr stark befahrene Gardesana.
Die Strada della Forra, für Churchill das achte Weltwunder, ist eine wunderschöne Panoramastrecke, auf der sich sogar James Bond (in „Ein Quantum Trost“) schon eine Verfolgungsjagd geliefert hat. Leider scheint das aber auch der direkte Weg zu sein, auf dem Google jeden nach Pieve schickt – egal wie groß das Auto oder das fahrerische Können. Die Straße zieht sich überwiegend einspurig, kurvig nah am Felsen entlang nach oben. Kommen einem Italiener oder auch die meisten Auswärtigen entgegen, ist das überhaupt kein Problem. Treffen sich zwei Autos, quetscht sich eines an den Felsen und eines an die dem Abgrund nahe Leitplanke und beide können weiterfahren. Problematisch wird es, wenn der gediegene Rentner in seinem Mercedes-Cabrio die Kurven hinabzittert. Schließlich kann man ja den überall verbauten Piepern nicht sicher trauen und Kratzer im Wagen nur vermeiden, indem man rund 50 cm zur Leitplanke, dem Felsen oder anderen Autos zu halten versucht. Das gelingt dann nur mit viel Einweisungshilfe von Motorradfahrern, unterstützt vom genervten Hupen der Italiener.
Valle delle Cartiere
Die Wanderung durch das Tal der Papiermühlen scheint der Klassiker unter den Wanderrouten zu sein. Einen Teil der Strecke kann man vom Ortskern Toscolano-Madernos aus mit der Bimmelbahn fahren, die Wege sind gut ausgebaut und familiengerecht. Wir befürchten daher viele Flip-Flop-Wanderer, aber tatsächlich sind wir im Tal fast alleine. Die erste Papiermühle, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch in Betrieb war, beherbergt heute ein Museum (das wir nicht besucht haben). Uns gefallen die verlassenen Mitarbeiterhäuser, Lagerräume und anderen Papiermühlen besser. Halb eingewachsen stehen nur noch Mauerreste zwischen den Bäumen, die Natur ist auf dem besten Weg sich ihren Platz zurückzuerobern.
Nach ca. 2/3 der Strecke biegt rechts ein Weg nach Gaino ab, auf dem wir zurückwandern können. Wir haben aber online von der Cavoli-Schlucht am Ende des Tals gelesen, die laut einiger Quellen angeblich geschlossen sein soll. Wir versuchen unser Glück, aber faulenzen am Ende des Tals erstmal an dem kleinen Kiesstrand. Als wir weiterlaufen wollen, weist uns ein laminiertes Schild der Carabinieri darauf hin, dass die Schlucht wirklich bis auf Weiteres geschlossen ist. Schade. Da wir nicht gerne auf dem gleichen Weg zurücklaufen wollen, folgt Malte einem eher unscheinbaren kleineren Wanderweg, der uns über Stock und Stein, durch knöchelhohes Wasser und über selbstgebaute Holzbrücken zurück zur ersten Papiermühle führt.
Scaliger und Römer in Sirmione
Um ehrlich zu sein, habe ich vor unserem Gardasee-Trip noch nie von den Scaligern gehört – den Römern entkommt man (in Europa) dagegen kaum. Die Scaliger herrschten im 13. und 14. Jahrhundert über Verona und bauten in dieser Zeit mehrere bedeutende Burgen in Norditalien. In Sirmione steht eine ihrer besterhaltensten Wasserburgen. Da der Stadt der Ruf vorauseilt, von Touristen überlaufen zu werden, werden wir gezwungenermaßen zu Frühaufstehern und gehören zu den ersten Besuchern der majestätischen Burg.
Tatsächlich geht die Besichtigung dort recht schnell vonstatten. Es gibt kaum Räume, Kerker oder Türme, die man entdecken kann. Aber der Rundweg um die Burgmauern mit Blick auf das Hafenbecken und die Dächer von Sirmione macht einen morgentlichen Besuch unverzichtbar.
Von den Scaligern führt uns ein kurzer Spaziergang rund 13 Jahrhunderte zurück in die Zeit der Römer. Dazu bahnen wir uns unseren Weg durch unbezwingbare Eisberge – Malte zählt alleine auf unserem Weg rund 20 Eisdielen, die sich für das Tagesgeschäft vorbereiten.
Am Ende der Landzunge liegen die Grotten des Catull. Weder sind dort Grotten zu finden, noch gehörte der Ort Catull. Es handelt sich dagegen um Ausgrabungen einer römischen Villa mit gigantischem Ausmaß. In bester Lage konnten es sich die damaligen Bewohner auf ca. 20 000m² gut gehen lassen. Die Villa bot eine Sonnenterrasse mit Panoramablick auf den Gardasee, eine Thermenanlage mit Schwimmbad und sicher den einen oder anderen Olivenhain zum Entspannen.
Als wir von unserer Zeitreise zurückkehren, ist die Stadt wie ausgewechselt. Alles ist von Menschen überrannt, dazwischen einige Autos, Golfcarts, die Besucher von ihren Hotels abholen und sicherlich auch der eine oder andere genervte Anwohner. Auf dem Heimweg fahren wir die gesamte Halbinsel an kilometerlangem Stau entlang. Der Samstag als An- und Abreisetag birgt wohl keinen besonderen Vorteil, der Vormittag schon. Niemals hätten wir uns nachmittags durch die Gassen schlängeln und den Eisbergen beim Schrumpfen zusehen wollen. Kaum vorstellbar, dass die Hauptreisezeit am Gardasee erst beginnt.
Saló
Kurven fahren, Wandern, Sightseeing… und Eintauchen in das Flair Italiens, genau das wollen wir. Mit der Strada della Forra, dem Valle delle Cartiere und dem Besuch in Sirmione haben wir mehr Abwechslung als wir es für so wenige Tage erwartet hätten. Und trotzdem können wir auch am See liegen, baden, lesen. Selbst Malte kann seinen unbändigen Bewegungsdrang in gemäßigte Bahnen lenken und beim Stand-Up Paddling entspannen. Nur ein letzter lauer Sommerabend mit lebhaften Italienern, einem Gläschen Wein und einem Abendspaziergang mit Eis in der Hand fehlt uns noch.
Genau dafür ist Saló perfekt. Saló mit seiner schönen Uferpromenade, dem majestätischen Dom und dem hausgemachten Eis von „La Casa del Dolce“. Besonders im Abendlicht und auf der Piazza Decorati al Valor Civile stehend zeigt sich Saló von seiner besten Seite.
Hätten wir doch noch ein paar Tage mehr Zeit.
Prima beschrieben! Wir freuen uns auf den Gardasee und werden einige aufgeführte Orte anfahren. Danke für die Infos!