Zwischen Himmel und Hölle
Wir wollen die Nähe zu den Bergen nutzen, so oft es nur geht. Aber was dabei gerne mal stört, ist der blöde Alltag. Man ist zu müde, die Arbeit schlaucht, es müsste geputzt oder wenigstens eingekauft werden und endlich mal wieder ausschlafen wäre auch mal was. Aber egal, wie gemütlich ein Wochenende zu Hause ist, egal wie viele Häkchen man auf der To-Do-Liste (nicht) setzen kann – die Berge sind einfach besser! Höllentalklamm
Mitten im goldenen Herbst wollen wir in die Natur – unser Ziel ist einer DER momentanen Instagram-Spots in Bayern: der Eibsee. In München ist es bewölkt, aber das ist bei manchen Fotos ja nicht das Schlechteste, also lassen wir uns nicht entmutigen. Kaum verlassen wir München, sind schon die Alpen zu sehen. Klar und deutlich vor tiefblauem Himmel! So ein Wetter ist definitiv zu schade, um „bloß“ einen Spaziergang um den See zu machen. Während des Baustellen-Slaloms am Starnberger See habe ich die Aufgabe, unseren Wanderführer nach einem erwanderbaren Gipfel zu durchforsten. Wie ein Wunder wird mir nicht schlecht und ich habe eine Wandertour für uns gefunden.
Aufstieg zum Kreuzeck
Unsere Wanderung beginnen wir auf dem Wanderparkplatz P2 in Hammersbach, Grainau. Zumindest nachdem wir den Parkautomaten besiegt haben. Der nimmt für seine 8€ Gebühr nämlich nur Münzgeld oder Karte. Die Karte aber äußerst widerwillig. Und er denkt sehr langsam. Also nicht wundern, wenn ihr nach jedem Tastendruck erst einmal minutenlang wartet, bevor er weitermacht.
Dann geht’s endlich los! Nach nur wenigen Metern überqueren wir den Hammersbach und folgen ihm und vielen, vielen anderen Menschen in den Stegerwald hinein. Bleibt man am Wasser, gelangt man direkt zum Eingang der Höllentalklamm. Zum Glück ist das offensichtlich das primäre Ziel und als wir nach wenigen Metern linkerhand auf einen kleinen Wanderweg abbiegen, sind wir alleine unterwegs. Ob die Besucher der Klamm wohl ahnen, dass ihnen 200m „Umweg“ einen solchen Blick auf den Waxenstein bescheren würden?
Die rund 1000 Höhenmeter lassen sich überraschend leicht überwinden. Wir finden sowohl das im Wanderführer erwähnte Kreuz als auch den Brunnen, hinter dem man von einem breiten Forstweg wieder auf einen schmalen Pfad zwischen den Bäumen abbiegt. Der Weg ist manchmal so unscheinbar, dass er sich nicht einmal gegen herabfließendes Wasser behaupten kann. Fast wie eine Wasserfall-Wanderung in Island. Nur nicht hinter einen Wasserfall entlang und nicht ganz so imposant. Vermutlich versiegt die Wasserquelle im Sommer, aber Anfang Oktober sind wasserabweisende Schuhe definitiv von Vorteil.
Je höher wir kommen, desto dichter wird die Bewaldung und der Herbst hat die Natur fest im Griff – im Gegensatz zum Sommer jedenfalls. Gegen den Winter hat der Herbst schon zunehmend Schwierigkeiten sich zu behaupten.
Zum Hupfleitenjoch
Oben angekommen treffen wir recht aprupt auf einen breiten Teerweg und die offensichtlich seilbahnfahrenden Besucher. Erkennbar sind diese an den weißen Sneakern und dem perfekten Make-up. Wer es entspannter möchte, kann also auch mit der Kreuzeckbahn noch oben fahren und erst beim Weg zum Hupfleitenjoch einsteigen. Oder zumindest ein Päuschen im Kreuzeckhaus einlegen. Wir sparen uns den Abstecher zum Gipfel – auch wir waren dort schon mal seilbahnfahrende Besucher (aber ohne weiße Sneaker!) und sind von dort zur Partnachklamm abgestiegen.
Auf dem Weg zum Hupfleitenjoch überwinden wir die für uns letzten wenigen Höhenmeter. Währenddessen thront über uns das gläserne X des AlpspiX, einer Aussichtsplattform am Osterfelderkopf in rund 2000m Höhe. Von der Bergstation der Kreuzeckbahn oder dem Hupfleitenjoch kann man weiter zum Osterfelderkopf aufsteigen und anstelle eines Abstiegs durch die Höllentalklamm mit der Alspitzbahn wieder ins Tal fahren.
Aufsteigen kann man vom Hupfleitenjoch auch auf den Schwarzenkopf (1812m). Der Abstecher dauert nur knapp 30 Minuten und der Blick ins Tal ist jede Mühe wert!
Abstieg zur Höllentalangerhütte
Für uns geht es nach dem Hupfleitenjoch über den Knappensteig stetig bergab. Immer begleitet von atemberaubenden Aussichten auf den Gletscher und mit Blick hinab in die tiefeingeschnittene Höllentalschlucht führt der Weg zu den Knappenhäusern. Die auf 1527m Höhe erbauten Häuser gelten als die am höchsten liegenden Deutschlands. Bald schon hört man das Rauschen des Hammersbach durch die Höllentalklamm.
Unsere verdiente Pause machen wir in der Höllentalangerhütte. Die ist, wie bei diesem Kaiserwetter nicht anders zu erwarten, gut besucht. Und das zu Recht. In der Sonne sitzend, mit Kasspatzn und Spinatknödel im Anschlag, ist der Blick auf den Höllentalferner spektakulär. Da ist es dann auch schnell vergessen, dass auf diversen Schildern für rund 1 ½ Stunden der „Restweg“ bis zur Hütte immer mit 30 Minuten angegeben war.
Die Höllentalklamm
Sie wirkt mystisch, rau und nass. Sehr nass. Also unbedingt warm und wasserfest anziehen – außer man möchte bei knapp 10°C eine kostenlose Dusche genießen, die bis auf die Haut geht. So spektakulär die Klamm auch ist, hat sie ihren Namen nicht von der vermutlich ebenso rauen Hölle, sondern ganz simpel vom jahrhundertelangen “(Aus-)Höhlen” der Felsen durch den Hammersbach. Die enormen Schneemassen, die im Winter die Schließung der Höllentalklamm erzwingen, würden wohl auch in zu starkem Kontrast mit der Hitze der Hölle stehen.
Der Weg durch die Klamm führt von der Höllentalangerhütte links des Hammersbachs nach unten. Überquert man dagegen den Hammersbach, kann man auf der rechten Seite über den Stangensteig oberhalb der Klamm wandern und von einer 70m hohen Brücke tiefe Einblicke in die Schlucht genießen. Im Gegensatz zum Weg durch die Klamm ist der Rückweg über den Stangensteig kostenlos. Wir bezahlen das Eintrittsgeld von 5€ p.P. bar am Eingang (oder für uns besser gesagt: Ausgang) der Schlucht.