Eigentlich wollten wir länger am Roten Meer faulenzen, aber auch wenn das Internet in Ägypten zum Haare raufen ist, reicht es doch dafür, dass Ramona ständig neue Ziele auftut. Sie hat Bilder von der Weißen Wüste gesehen und zufällig auch gleich einen Kontakt gefunden, der uns dorthin begleiten könnte. Also wird kurzfristig die Zeit in Kairo verkürzt. Die Aussicht auf Zeit in der Wüste gewinnt gegen Sightseeing in der Großstadt. Die Anfahrt zur Oase Bahariya bedingt jedoch leider, dass wir einmal quer durch Kairo müssen, bevor es auf die rund dreistündige Fahrt in Richtung Libyen geht. Und das dauert fast genauso lange. Auch wenn der Verkehr nicht ganz so dramatisch ist, wie wir es erwartet hatten, so gelten die üblichen Verkehrsregeln nur bedingt. Spuren sind mal wieder Schall und Rauch und die Hupe ist mein bester Freund.
Irgendwann ist aber auch dieses Gewimmel geschafft und eine schnurgerade, sechsspurige Straße liegt vor uns. Wiedermal stoppen uns eine Vielzahl von Polizeicheckpoints, aber obwohl das Internet sagt, die Strecke wäre für Touristen nicht immer frei befahrbar, stellen sich bei uns keine Schwierigkeiten ein und wir dürfen passieren. In der Wüste sieht es leider anders aus und wir dürfen (und können sie aufgrund unserer Chevrolet Limousine) nicht selbst befahren. Wir sind also auf einen Fahrer angewiesen. Für mich schon ein ungewohntes Gefühl, nicht wie in Namibia selbst den Allrad durch den Sand zu steuern. So richtig gewöhne ich mich auch die nächsten zwei Tage nicht daran.
Zunächst erwartet uns die „Black Desert“. Sie ist, nunja, schwarz. 180 Millionen Jahre alte Magmaüberreste und Berge, die eine enorme Ähnlichkeit mit Vulkankegeln aufweisen, erwecken bei mir den Eindruck einer Marslandschaft. Ramona dagegen sieht sich ständig um und sucht nach dem Kleinen Prinzen. Aber nicht mal Renard lässt sich blicken.
So spektakulär die Landschaft dort ist, war sie doch nur ein Zwischenstopp. Also wieder ins Auto gesprungen und weiter geht die gar nicht so schnelle Fahrt. Nachdem es draußen brütend heiß wird, verbringen wir einige Stunden faulenzend im Schatten von Palmen. Die Oase macht ihrem Namen wirklich alle Ehre und liegt wie eine Insel inmitten von Sanddünen.
Ausgeruht sind wir bereit für das Kontrastprogramm, die „White Desert“. Je weiter wir fahren, desto mehr entsteht der Eindruck, dass hier ein Biathlon-Weltcup abgehalten werden könnte: schneeweiße Hügel erheben sich aus dem Sand und wirken in der Hitze völlig fehl am Platz. Dazu formt der Wind seit Jahrtausenden faszinierende Formen, bei denen es nicht viel Fantasie braucht, um in ihnen Tiere oder Pflanzen zu erkennen. Und das Beste dabei? Unser Schlafplatz liegt genau dazwischen. Mitten in der Wüsten werden Wagen und Stoffbahnen als Windschutz genutzt und so entsteht eine gemütliche Ecke, in der wir im wahrsten Sinne des Wortes unter den Sternen schlafen.
Hatte ich die Schwarze und Weiße Wüste noch als Kontrastprogramm deklariert, wird mir jetzt erst klar, wie viele Ausprägungen der Begriff hat. Denn nach der Ruhe der Wüste wartet das turbulente Kairo auf uns. Also nicht sofort, denn wir streifen die Gigametropole erst am Rand und stoppen im nicht ganz unbekannten Gizeh. Fast unentdeckt stehen dort seit etwa 4500 Jahren die Pyramiden, das Aushängeschild Ägyptens und das letzte bestehende der Sieben Weltwunder.
Dass die Pyramiden nah bzw. fast schon in der Stadt stehen, ist vermutlich kein Geheimnis mehr. Galileo, Taff oder auch Punkt12 haben das schon in diversen „Schockierend! Wusstest du…?“-Sendungen dramatisch aufgearbeitet. Aber dass diese fantastischen Bauwerke behandelt werden wie Müll, ist für uns trotzdem überraschend. Schon um das Gelände herum dominieren Dreck, Plastikmüll und aufdringliche Verkäufer das Straßenbild. Auch nach bestimmtem „Nein, Danke!“ lassen sie uns erst in Ruhe, wenn wir sie geflissentlich ignorieren. Sogar im offiziellen Eingangsbereich hängen so viele Menschen herum, von denen man nicht sagen kann, ob sie dort arbeiten, jemanden besuchen oder einfach nur betteln.
Insgesamt sind die Pyramiden also wahrlich Weltwunder, aber trotzdem für mich eine der größten Enttäuschungen. Schade, dass diese antiken Bauwerke nicht mit dem Respekt und der Ehrfurcht behandelt werden, die sie verdient hätten. Einziger Lichtblick sind Regina und Maksim, die wir in der Hitze kennenlernen und mit denen wir sowohl die selbsternannten Guides abwimmeln als auch die restliche Zeit in Kairo verbringen. Sie machen uns Russland als Reiseland mit Fotos und Erzählungen so attraktiv, dass wir vermutlich um eine Reise in dieses riesige Land mittelfristig nicht herumkommen werden. Es ist doch schön Perspektiven zu haben.
War es in Gizeh schon laut und dreckig, so wird es in Kairo nur unwesentlich besser. Vielleicht verkläre ich rückblickend einige Städte, in denen ich gewesen bin, aber Kairo ist davon die schlimmste. Touristisch hat sie nicht viel für uns zu bieten. Bis auf das in die Jahre gekommene, verstaubt wirkende Ägyptische Museum, das seit zwei Jahren eigentlich nach Gizeh hätte umziehen sollen, Märkte und unzählige, glänzende Moscheen gibt diese Stadt nicht viel her. Es gibt keine „Altstadt“ oder hippe, gentrifizierte Viertel, dafür lärmendes Verkehrschaos und einen von Polizei überkontrollierten El Tahrir-Platz.
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