Den Wochenbeginn verbringen wir nur 30 Kilometer weiter östlich. Direkt am Kunene gelegen nimmt uns Cornie in seinem Camp in Empfang.
Zu ihm muss ich unbedingt ein paar Worte schreiben. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, nicht von jedem Campingplatz im Detail zu berichten. Bei Marius und seinen Stachelschweinen habe ich das schon gebrochen und auch bei Cornie geht es nicht anders. Er ist ein Original. Mit seinem unglaublichen Wissen über die Umgebung, Namibia und einem natürlichen Talent zum Erzählen ausgestattet, unterhält er uns den kompletten Nachmittag. Das bewegte Leben, das ihn in 15 Jahren als Soldat von Sambia über Angola nach Namibia und dann weitere 10 Jahre im Wildlife Conservation Business durch das südliche Afrika geführt hat, ist zu interessant. So passt es auch zu ihm, dass er hier, in völliger Abgeschiedenheit, bereits diverse Minister Namibias empfangen hat, um sie auf das Leben der Himba, dem hier ansässigen indigenen Volksstamm, hinzuweisen. Er plant Projekte, integriert immer wieder Himbas in sein Camp und versucht diesen so Schritt für Schritt das 20. Jahrhundert zu erklären. Denn dass das nötig ist, zeigt sich immer deutlicher. Dafür leben sie dann doch nicht weit genug ab vom Patt.
Wir wollen mit eigenen Augen sehen, was Cornie so alles treibt und begleiten ihn in das in der Nähe liegende Himba-Dorf. Bisher haben wir solche Besuche immer vermieden – wer will schon Fotos von für Touristen tanzenden Ureinwohnern? Für unseren Geschmack ein wenig wie Menschenzoo. Unser Besuch mit Cornie läuft zum Glück ganz anders ab. Das Geld für die „Tour“ behält er nicht selbst, sondern reinvestiert es in Medikamente und Verbandsmaterial. Auch nutzt er die Zeit vor Ort dafür, die eine oder andere Verletzung zu verarzten und die Papiere für die anstehende Regionalwahl in Namibia zu studieren. Wenn es nicht die neugierige Kinderschar gäbe, die um uns herumschleicht, so würde gar nicht wirklich auffallen, dass wir da sind.
Vom nördlichsten Part Namibias kann es jetzt nur nach Süden gehen. Also machen wir noch einen Abstecher in den westlichen Teil des Etosha Nationalparks. Wir haben einfach noch immer nicht genug von Safari.
Aber dann geht es nur stracks auf hervorragend präparierten Schotterstraßen die Atlantikküste nach Swakopmund hinunter. Auf der rechten Seite den Atlantik, auf der linken die Wüste passieren wir an der so genannten Skeleton Coast diverse Schiffswracks und eine Seehundkolonie. Diese stinkt dermaßen widerlich, dass man es dort allerdings nicht lange aushält. Der Geruch rührt „leider“ nicht nur vom Kot der Tiere her, sondern auch von den unzähligen Kadavern der Jungtiere. Warum es so viele sind, weiß ich nicht. Ich kann es mir nur so erklären, dass die Kolonie so groß ist, dass die Elterntiere ihre Jungtiere nicht wiederfinden und diese dann verhungern bzw. verdursten. Kein schöner Anblick.
Der Luftkurort Swakopmund ist dann wieder ein kleines bisschen Heimat. Keine Stadt in Afrika dürfte so weiß sein wie Swakopmund. Und nicht nur weiß, sondern deutsch. Man muss fast ein wenig nach englischen Worten suchen. In Swakopmund hat sich die deutsche bzw. deutschsprechende Gemeinde Namibias aus der Kolonial- und Kaiserzeit hinübergerettet. Neben deutschen Bäckereien, Metzgereien und Cafés gibt es sogar die deutsche „Allgemeine Zeitung“. Wir nutzen die Vorzüge der Stadt für ein paar Spaziergänge, den einen oder anderen Flat White, diverse Besorgungen, Haarschnitte und Restaurantbesuche. Inklusive Vorweihnachtsstimmung. Und natürlich für eine ausgiebige innere und äußere Autowäsche, aber die erst nach unserem klassischen Sonntagsausflug.
Der führt uns mit Marius in die Wüste. Endlich richtig Offroad! Wir legen einen kurzen Stop in Walvis Bay ein, um die Flamingo-Kolonie zu bewundern, die Reifen der Autos ziemlich zu leeren und zwei Freunde von Marius aufzusammeln, die dabei sein müssen, falls ich den Wagen so weit eingrabe, dass wir alle Hände brauchen, um ihn gemeinsam wieder auszugraben (Spoiler: Nicht nötig!).
Und dann geht es endlich los: die Küste entlang Richtung Wüste! Alleine der Weg dorthin ist schon ein Erlebnis. Auf der rechten Seite rauscht der Atlantik, links türmen sich die Sanddünen der Namib-Wüste auf. Wir fahren sogar so nah am Wasser, dass wir immer wieder Robben ausweichen müssen und einen Schakal bei seinem Festmahl stören. Zumindest so lange, bis er uns als Futterneider ausschließen kann.
Nach dem Eingangsschild zum Sandwich Harbour biegen wir zwischen die Dünen ein und das Abenteuer beginnt. Marius fährt vorweg und ich tue mein Bestes, von ihm angeleitet, zu folgen. Es ist ein riesen Spaß! Am Anfang noch ein wenig (zu) vorsichtig, werde ich bald mutiger und kann insbesondere das Überkippen über die Dünenkämme genießen. Es ist ein Gefühl wie in der Achterbahn. Zuerst ein Blick in die Weite und schon geht es auf einmal steil abwärts. Ramonas Genuss hält sich in diesen Momenten ein wenig in Grenzen, ich weiß auch nicht, was sie hat. Während man dann langsam die Dünen hinuntergleitet, kann man auch im Inneren das Singen (oder eher Brüllen) der Düne hören. Kein Wunder, dass Marius am Funk immer wieder ins Schwärmen gerät und fast jeden Tag in der Wüste verbringt.
Neben dem wahnsinnigen Fahrspaß sind auch die Blicke jeden Cent wert. Diese Sandberge, bei denen kein Ende zu sehen ist, nehmen uns immer wieder gefangen und geben uns auch das eine oder andere Sandkorn mit nach Hause.