Vielleicht machen wir es eines Tages wirklich. Vielleicht fahren wir irgendwann von Kairo nach Kapstadt. Präventiv begeben wir uns daher auf Erkundungstour für ein Teilstück der Route und wagen uns bis fast an die sudanesische Grenze. In Aswan angekommen, sind wir wirklich überrascht: hier sieht Ägypten plötzlich ganz anders aus, der Einfluss Nubiens ist unverkennbar. Die Häuser haben Kuppeln, sind leuchtend bunt und mit Mustern verziert. Und alles wird nubisch: Kakadeh wird nubischer Kakadeh (Unterschied: unbekannt), Tahin-Sauce wird nubische Tahin-Sauce (Unterschied: mit nubischem Honig) und nubische Gewürze (Unterschied: definitiv keiner).
Schon als wir ankommen, werden wir mit der nubischen Gastfreundlichkeit überschwemmt: ein Besitzer des Hotels und zwei seiner Angestellten haben frischen Fisch gegrillt und wir werden sofort eingeladen. Das Essen ist vorzüglich und wir müssen mehr als vehement die Hände über die Teller halten, um nicht aus Versehen in den Nil zu rollen.
Aswan ist jedoch leider weniger für die nubische Kultur, sondern vor allem für seinen Staudamm weltberühmt. Auch wenn er sich heute nicht mehr mit den größten seiner Art messen kann, so ist der Bau mitten in der ägyptischen Wüste doch einigermaßen beeindruckend. Der dabei entstandene Lake Nasser ist so groß, dass er weite Teile Nubiens mitsamt seiner Dörfer unter Wasser gesetzt hat. Auch der Tempel Abu Simbel war bedroht, doch im Gegensatz zu den nubischen Dörfern durfte er „einfach“ umziehen. So wurde der Berg samt Räumen, Figuren und Gängen in Quader geschnitten, verladen und in den 1960iger Jahren an anderer Stelle wiederaufgebaut. Sicherlich ein einmaliges Unterfangen.
Das klingt definitiv nach etwas, was wir uns anschauen möchten. Insgesamt sechs Stunden Hin- und Rückfahrt von Aswan nach Abu Simbel erscheinen weit, aber die Infrastruktur gibt es nicht richtig her, bei Abu Simbel zu übernachten. Hätten wir hingegen unser eigenes Auto mit Dachzelt … Dieses Mal entscheide ich mich für Ramonas Reisestil und wir lassen uns beide fahren. Die Tour beginnt bereits im Dunkel und die Fahrt ist unglaublich eintönig. Allerdings sind diese gigantischen Figuren und wundschön verzierten Räumlichkeiten die Anstrengungen wert. Um mal handfeste Zahlen zu nennen: Der Abstand zwischen Ramses‘ Ohren beträgt vier Meter. Seine Mundlinie einen Meter. Ausmaße und Präzision mit der hier gearbeitet wurden, sind wieder einmal beeindruckend. Protzen konnten die Ägypter.
Während wir den Hinweg überwiegend dösend verbringen (und meine Beine heilfroh sind, dass der Minivan aufgrund von Covid nicht voll besetzt sein darf), erleichtern uns Diarelis und Martin den Rückweg sehr. Diarelis kommt aus Kuba und Martin aus Mazedonien. Beide lebten bis zur Pandemie in Wuhan, weil sie dort auf Chinesisch (!!) studieren. Meine Damen und Herren, SO sehen Weltbürger:innen aus. Wir sind wirklich beeindruckt und lassen uns interessante Anekdoten erzählen. So berichtet Martin, dass er unter anderem zu einer Hochzeit eingeladen wurde, auf der er niemanden kannte. Der Brautvater wollte lediglich vorgeben, einen Europäer zu kennen. Damit wäre auch schon Martins Nebenjob beschrieben. Er sitzt in Meetings von chinesischen Geschäftsleuten, die mit seiner Anwesenheit prahlen wollen. Eine durchaus interessante Jobbeschreibung wie ich finde.
Nach so vielen Kilometern auf den staubigen Straßen Ägyptens freuen wir uns wieder auf Salz im Gesicht. Wir lassen uns so lange schnorchelnd durch das Rote Meer treiben wie sich unsere Rücken mit der UV-Einstrahlung vertragen.
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